Seit einigen Tagen kommen vermehrt Gerüchte auf, die im Kern eine Gemeinsamkeit – namentlich Microsoft – aufweisen, in ihrer konkreten Ausprägung aber unterschiedlicher nicht sein könnten: Während Huawei Microsofts Windows (Phone) OS zum wiederholten Mal den Rücken kehrt und sich uns sonstige Binsenweisheiten erschließen, befinden sich die Redmonder weiterhin in Verhandlungen mit Cyanogen. Diese Art von Nebelkerzen sorgen in aller Regel für rege Diskussionen, stiften gleichzeitig aber nicht selten Verwirrung. Um dieser vorzubeugen, soll im Folgenden jedes Thema kurz im richtigen Licht dargestellt werden…
Huawei: Wir planen immer noch keine Windows-Smartphones
Shao Yang, Chief Marketing Officer bei Huawei, äußerte kürzlich in einem Interview gegenüber Trustedreviews, dass man nicht plane, ein Windows 10 Smartphone zu veröffentlichen. Als Begründung verwies Yang auf die fehlende Möglichkeit, eigene Geräte ausreichend von Konkurrenzprodukten zu differenzieren. Darin ist ganz offensichtlich eine Anspielung auf die einheitliche Oberfläche von Microsofts eigenem Betriebssystem zu sehen. Dass sich an diesem Umstand auch mit der Einführung von Windows 10 für Smartphones wenig ändern wird, ist selbstredend. Zwar schließt Huawei ein Windows 10 (Dual OS-)Tablet nicht gänzlich aus, doch lehrte uns die Vergangenheit, den Worten von Huawei-Mitarbeitern grundsätzlich mit Misstrauen zu begegnen.
Zum einen bestätigte der Konzern bereits in der zweiten Jahreshälfte 2014 mehrfach, mit Microsofts Windows Phone keine relevanten Einnahmen erzielt zu haben, so dass uns die jüngsten Äußerungen keineswegs erstaunen. Zum anderen revidierte Huawei seine frühere Absicht, ein Dual-OS Smartphone auf Basis von Android und Windows Phone zu veröffentlichen, im März 2014 innerhalb weniger Tage. Wie wir sehen handelt es sich sich hierbei um einen überaus flexiblen (ehemaligen) Partner Microsofts und offizielle Äußerungen sollten allein aus dem Grund nicht als feststehend erachtet werden. Demnach könnte Huawei genauso schnell den Markt für Windows-Smartphones erneut für sich entdecken, wie dieser einst verlassen wurde.
Microsoft & Cyanogen: Gemeinsam gegen Google
Im August des vergangenen Jahres sickerte erstmals durch, dass Microsoft als eines von mehreren Unternehmen an einer Partnerschaft mit dem Software-Hersteller Cyanogen interessiert sei. Gefragt nach den Gründen für die Kooperation mit einer Softwareschmiede, die sich der Konkurrenzplattform Android verschrieben hat, zeigt sich zumindest ein gemeinsames Ziel: Googles Einfluss auf Android zu schwächen. Zieht Google doch durch widersprüchliches Verhalten im Zusammenhang mit dem eigenen Betriebssystem „Android“ die Missgunst zahlreicher Hardware-Hersteller und Kartellbehörden auf sich. Wie zuletzt Anfang 2014 bekannt wurde, knüpft Google nämlich diverse Bedingungen an die kostenlose und vollwertige Nutzung seines „offenen“ Betriebssystems. So werden Smartphone-Herstellern beispielsweise die Standardsuchmaschine und die vorinstallierten Anwendungen streng vorgegeben. Zu diesem gemeinsamen Zweck soll sich Microsofts CEO Satya Nadella schon zum damaligen Zeitpunkt persönlich mit Cyanogen getroffen haben, wobei die genauen Gesprächsinhalte bis heute ein gut gehütetes Geheimnis sind.
Wie sich aus einem aktuellen Bericht des Wallstreet Journals jedoch ergibt, werde Microsoft sich gemeinsam mit weiteren strategischen Partnern an einer 70 Millionen Dollar umfassenden Finanzierungsrunde zugunsten von Cyanogen beteiligen. Insofern kann von einer möglichen Übernahme gar nicht die Rede sein, zumal Cyanogen laut Schätzungen mehrere hundert Millionen Dollar wert ist. Doch auch als Minderheitsinvestor stünde Microsoft ein gewisses Maß an Mitspracherechten zu, so dass die Anlage sich einst als wichtiger Schachzug erweisen könnte. All diese Überlegungen gelten selbstverständlich unter dem Vorbehalt der Echtheit des Berichts, den wir an dieser Stelle keineswegs anzweifeln möchten. Immerhin genießen sowohl das Wallstreet Journal als auch The Information ein hohes Ansehen, was die Zuverlässigkeit ihrer Quellen anbelangt. Fraglich bleibt daher lediglich, wie hoch Microsofts Anlage in Cyanogen letzten Endes ausfallen wird und wie stark sich diese langfristig auf die Präsenz von Microsoft-Diensten auf Googles Android OS auswirken wird.
Windows 10: Keine Kopplung an Displaygröße & Gestensteuerung
Zu guter Letzt klärt Mary Jo Foley von ZDNet offene Fragen in Bezug auf Windows 10, während NokiaPowerUser Neues über die Smartphone-Version des kommenden Betriebssystems in Erfahrung gebracht haben will.
Ganz im Stile der alten Linie kommuniziert Microsoft auch die Details zur kommenden Betriebssystemversion Windows 10 nur häppchenweise, weshalb im Anschluss an jede offizielle (Zwischen-)Ankündigung neue Fragen aufkommen. Einer der am meisten aufgeworfenen Punkte betrifft zum Beispiel die verschiedenen Windows 10-Editionen und den jeweiligen Funktionsumfang: Bekannt sind bisher die x86-Variante für den Desktop, die mobile Version für Smartphones und kleine Tablets (< 8 Zoll) sowie angepasste Pendants für Embedded Geräte. Als Joe Belfiore kürzlich über Twitter mitteilte, dass Windows 10 (Mobile) bzw. die Version „ohne Desktop“ für Geräte mit einer Displaygröße unter 8 Zoll vorgesehen sei, klärte er nicht ausdrücklich, ob die Begrenzung technisch bedingt oder eine bloße Richtlinie ist. Wie M. Foley nun berichtet, kann die mobile Version von Windows 10 theoretisch auf Geräten mit jeder beliebigen Displaygröße ausgeführt werden – hardwarespezifische Anknüpfungspunkte existieren demnach nicht. Diese Erkenntnis war allerdings auch in Belfiores Tweet versteckt, wenn auch nur zwischen den Zeilen. Schließlich gab er ausdrücklich zu erkennen, dass die Regel zum Beispiel auf das HP Stream 7 Tablet keine Anwendung finde und das Gerät somit auch nach dem Upgrade auf Windows 10 einen Desktop besitzen werde.
Zudem erhielt Kamal von NPU aus einer ihm unbekannten Quelle die Hinweis-Mail, dass künftige High-End Smartphones mit Windows 10 über jene Gestensteuerung verfügen werden, die bereits seit Langem unter dem Namen „3D-Touch“ bekannt ist. Ohne den Bericht oder die Glaubwürdigkeit der unbekannten Quelle zu bewerten, können wir das „Ob“ des Einzugs von Gesten in Windows 10 bejahen. Microsoft bestätigte dies uns gegenüber erst am 27.01.2015 im Rahmen einer Windows 10 Veranstaltung in München, es wurde indessen keine Beschränkung auf bestimmte Formfaktoren vorgenommen. Vielmehr zeigte der Sprecher auf, dass etwa alle sieben Jahre eine Revolution in der Bedienung von Computern und Kommunikationsgeräten eintrete: Nach der Maus und der Toucheingabe beginne nun die Ära der Gesten- und Sprachsteuerung (Cortana). Angesichts dessen verwundert die eingangs erwähnte Tipp-Mail mitnichten.