Eines der größten Highlights des gestrigen Tages war zweifelsohne die PureView Kamera des Nokia Lumia 920. Was genau hinter der PureView Technologie steckt, haben wir bereits in der Vergangenheit behandelt. Der damalige Artikel hatte allerdings einen 41 Megapixel Sensor zur Grundlage, was den Eindruck erwecken könnte, dass PureView mit 41 Megapixel steht und fällt. Zudem unterschätzen offensichtlich viele Leser die im Lumia 920 verbaute Technik, insbesondere bezüglich der Kamera. Dass dem nicht so ist, hat Nokia sowohl gestern im Rahmen des eigenen Events als auch im Vorfeld via Twitter mitgeteilt.
Weshalb Nokia nicht Unrecht hat, sollte nach dem Lesen dieses Artikels deutlich werden. Zunächst also die wichtigsten Spezifikationen zur Kamera:
- Blendenzahl (F-Nummer)/aperture: 2.0
- Sensor-Typ: BSI Sensor (s.u.)
- Sensor-Größe: 1/1.4″
- Megapixel: 8,7 MP
- Stabilisator: Floating-Focusing-System (Floating Elements)
Bild-/Video-Vergleiche
Allen Erklärungsansätzen voran möchten wir zunächst auf die Vergleichsbilder und -Videos der Lumia 920 Kamera zu jener aktueller Top-Smartphones hinweisen, denn diese sprechen bereits für sich!
Das rechte Video wurde mit dem Nokia Lumia 920 aufgenommen, das linke dagegen mit einem anderen Smartphone:
Blendenzahl
Die F/2.0 Blendenzahl ist der aktuell niedrigste in Smartphones vorzufindende Wert. Sicher kann nicht jeder etwas mit dem Begriff „Blende“ anfangen, deshalb eine kurze Erklärung:
Die Blende bezeichnet die Öffnung eines Objektivs, d.h. die Größe des „Lochs“, durch das Licht durch das Objektiv hindurch auf den Film bzw. Sensor fallen kann. (Quelle: fotocommunity.de)
Je höher die Zahl hinter f/ , umso kleiner die Öffnung der Blende. Wenn wir also von einer kleinen Blendenöffnung sprechen, dann nehmen wir f/8 , f/16 oder f/22 usw. Sprechen wir von einer grossen Blende, dann meinen wir damit die eher kleineren Zahlen. (Quelle: kwerfeldein.de)
Aus dieser Erläuterung können wir folglich die Faustregel „je niedriger die Blendenzahl, desto besser“ ableiten. In dieser Hinsicht hat sich Nokia nichts vorzuwerfen.
BSI Sensor
BSI Sensoren (Back Side Illumination; dt.: Rückwärtige Belichtung ) sind in der Smartphone-Welt nicht unbekannt, denn das iPhone, das HTC Titan 2 und viele Samsung Smartphones nutzen diese Art von Sensor bereits. Der unteren Grafik lässt sich der Unterschied zwischen einem „gewöhnlichen“ Sensor (links) und einem BSI Sensor (Sensor) entnehmen.
Das Licht trifft nach Passieren der Kameraoptik den lichtempfindlichen Siliziumkristall unmittelbar und von hinten (BSI), während bei der Variante front side illumination das Licht erst den Bereich der Metallisierungschichten passiert, bevor es im Silizium elektrische Ladungen erzeugt. Dadurch liegt ein Teil der aktiven Fläche „im Schatten“, so dass der Sensor weniger empfindlich ist.
Das folgende Video dient der Veranschaulichung der Effekte, die Bildstabilisierung hat. Die Fahrrad-Aufnahmen wurden nicht mit dem Lumia 920 aufgenommen.
Sensorgröße
Die Sensorgröße ist von entscheidender Bedeutung, somit gilt auch in diesem Fall der Merksatz „je größer desto besser“. Leider ist es in der Praxis so, dass in der Regel verhältnismäßig kleine Sensoren (konkret: 1/2,5″) in Smartphones verbaut werden. Es überrascht mithin nicht, dass Nokia auch an dieser Stelle nicht gespart hat und einen über dem Standard liegenden Sensor (1/1,4″) einsetzt. Die folgende Grafik verdeutlicht die Unterschiede zwischen den jeweiligen Größen:
Nur 8,7 Megapixel?
Abgesehen von der breiten Konsumenten-Masse, diskutieren die eigentlichen Experten nicht über reine Megapixel-Zahlen. Denn die Megapixel-Anzahl ist zumeist der letzte relevante Faktor für einen Fotografen.
Nokia äußerte sich diesbezüglich insofern, dass sie es ihren Mitstreitern hätten gleichtun und mehr Pixel auf dem 1/1,4″ Sensor unterbringen können. Woran viele allerdings nicht denken ist, dass je mehr Pixel sich auf einem Sensor befinden umso mehr Licht benötigt wird, um alle Pixel zu belichten.Welche Auswirkungen zu viele Megapixel auf verhältnismäßig kleinen Sensoren haben, erklärt Computerbild folgendermaßen:
Bei Kompaktkameras ist es derzeit üblich, auf der gleichen Sensorfläche immer mehr Pixel aufzunehmen. So bleibt für jeden einzelnen Bildpunkt immer weniger Platz, um Licht einzufangen. Um aus der geringeren Lichtmenge eine brauchbare Information zu gewinnen, wird das Signal verstärkt – aber auch das im Signal enthaltene Rauschen; etwa so, als würde man einen schlecht eingestellten Radiosender einfach lauter drehen. Das Ergebnis: Auf dem Foto sind störende Bildpunkte in verschiedenen Helligkeits- und Farbtönen sichtbar, das sogenannte Rauschen.
Es muss immer vor Augen gehalten werden, dass mit einem großen Sensor immer auch ein dickeres Gehäuse verbunden ist und Nokia wollte offensichtlich kein Lumia 920 auf den Markt bringen, der im Nachhinein als „Klopper“ betitelt wird. Aus diesem Grund sind in diesem Fall 8,7 Megapixel angemessener als 41 bzw. 20 Megapixel.
Floating-Focusing-System („Floating-Elements“)
Hierbei handelt es sich um den optischen Bildstabilisator. Laut dem oben zu sehenden Video kommt beim Lumia 920 der O.I.S (Optical Image Stabilizer) von Panasonic zum Einsatz. Wie sich die mechanische Bildstabilisierung auf die Aufnahmen auswirkt, lässt sich dem Video bestens entnehmen. An dieser Stelle noch eine kurze Beschreibung über die Funktionsweise der Stabilisierung:
Beim optischen Bildstabilisator (O.I.S.) von Panasonic wird eine kleine Linse im Objektiv durch zwei Linearmotoren horizontal verschoben; die Motoren werden anhand zweier Gyro-Sensoren (horizontal und vertikal) gesteuert. Es werden Schwingungen von etwa 1 bis 10 Hz kompensiert. (Quelle: Wikipedia)
Was ist mit dem Nokia Lumia 820?
Wenngleich die PureView Technologie im Falle des Lumia 820 nicht zum Einsatz kommt, soll diese gleich gute bis bessere Aufnahmen als die Kameras anderer Smartphones auf dem Markt tätigen. Somit darf auch im Hinblick auf dieses Modell auf eine akzeptable bis gute Bildqualität gehofft werden. Denn am Beispiel des Lumia 920 wird deutlich, dass Nokia offensichtlich aus seinen Fehlern gelernt hat.
Wie gefallen euch die Vergleichsaufnahmen und erachtet ihr 8,7 Megapixel als ausreichend?