Gegenwärtig überschlagen sich die Schlagzeilen und folglich auch die Meinungen zu der vermeintlichen Schlammschlacht zwischen Google und Microsoft, die sich in dieser Woche um die kürzlich neu entworfene „halb-offizielle“ YouTube App für Windows Phone dreht. Diese entwickelte Microsoft ausschließlich unter Zuhilfenahme eigener Ressourcen, was eine Unterstützung vonseiten Google ausschließt. Vor diesem Hintergrund kann sich das Ergebnis durchaus sehen lassen, denn die Anwendung bietet nicht nur eine gelungene Anbindung in die Kinderecke, sondern besitzt daneben auch Funktionen wie das Anpinnen von Kanälen, Videos, Wiedergabeliste und Suchanfragen an den Startbildschirm, die Fähigkeit, Videos unter dem Sperrbildschirm abzuspielen sowie Videos herunterzuladen. Die ansprechende Benutzeroberfläche rundet diese frische Funktionsvielfalt der ehemals obsoleten App ab.
Nun droht die beliebte App aber aus dem Windows Phone Store entfernt zu werden, darauf kommt es Google in einem Schreiben an Microsoft jedenfalls an. Das Unternehmen begründet seine Forderung mit der Verletzung von mehreren Nutzungsbedingungen, die im Folgenden sinngemäß wiedergegeben werden:
- Der Zugriff auf Videos ist nur in Form des Streamings (Übertragung der Inhalte in Echtzeit) zulässig. Dagegen wird der Zugriff über permanenten/vorübergehenden Download nicht gestattet.
- Es sind solche Funktionen nicht zu umgehen, die die Nutzung/Vervielfältigung von YouTube Inhalten (auf bestimmte Plattformen bzw. Geräte) beschränken.
- Das Modifizieren, Ersetzen, Beeinträchtigen oder Blockieren von Werbung, die seitens YouTube in Video-Inhalte eingefügt wurde, ist zu unterlassen.
Google führt zu den genannten Punkten weiter aus, dass Inhaltsersteller beispielsweise durch die fehlende Einblendung von Werbung und die Gestattung von Downloads finanzielle Einbußen in Kauf nehmen müssen. Denn die Monetarisierung von YouTube-Videos funktioniert bekanntlich über Werbeeinblendungen, die in diesem Fall ausbleiben. Hinzu kommt, dass Microsofts YouTube App in die Dispositionsfreiheit der Inhaltsersteller eingreift, indem die von ihrer Seite vorgenommenen Beschränkungen auf gewisse Plattformen/Geräte nicht geachtet werden. Weshalb Google die Verletzung der aufgezählten Nutzungsbestimmungen nicht auch bei anderen Apps verfolgt, bleibt indes ungeklärt.
Neben diesen drei Punkten, die sich tatsächlich in YouTubes Nutzungsbestimmungen wiederfinden, bemängelt Google jedoch auch die Verwendung von geschützten Markennamen bzw. Logos. Denn Microsofts YouTube App verwirre dadurch den Anwender in Bezug auf ihre scheinbar offizielle Herkunft. Das unten zu sehende Schreiben schließt das Unternehmen mit einer zum Teil emotionalen Zeile ab: Man sei „überrascht und darüber enttäuscht“, dass Microsoft Inhaltserstellern absichtlich die rechtmäßigen Einnahmen aberkenne. Dies gelte vor allem deshalb, da Windows Phone 8 Nutzer dank der mobilen YouTube Seite (HTML5) schon jetzt Zugriff auf eine „voll funktionsfähige YouTube App“ haben.
Wie gewohnt äußert sich Microsoft kurz nach Bekanntwerden der Angelegenheit öffentlich zu dem Schreiben und weist jede Schuld von sich:
YouTube ist regelmäßig eine der Top-Apps, die von Smartphone Nutzern auf allen Plattformen heruntergeladen wird, aber Google hat sich geweigert, mit uns an einer App zu arbeiten, die mit den Apps für andere Plattformen mithalten kann. Seitdem wir unsere YouTube-App aktualisiert haben, um sicherzustellen, dass unsere gemeinsamen Kunden eine gleichwertige YouTube Erfahrung haben, erhalten wir überwältigend positives Feedback und Bewertungen. Wir wären mehr als glücklich, Werbung einzubinden, Google muss uns aber den Zugriff auf die benötigten APIs erlauben. Im Lichte von Larry Pages Äußerungen am heutigen Tag, die sich auf mehr Interoperabilität und weniger Negativität beziehen, freuen wir uns auf die gemeinsame Lösung dieser Angelegenheit für unsere gemeinsamen Kunden.
Besonders der letzte Satz lässt aufhorchen, denn Larry Page von Google kritisierte Microsoft im Rahmen der I/O Entwicklerkonferenz für die einseitige (Aus-)Nutzung von Googles Interoperabilität. Hintergrund ist, dass Microsoft vor kurzem zwar Google Chat in Outlook.com integriert hat, dagegen aber Google Chat Nutzern keinen Zugriff auf Outlook.com gewährt.
Wie weit Google mit der Forderung, die Anwendung bis zum 22. Mai 2013 aus dem Store zu entfernen sowie bestehende Installationen von den Smartphones zu beseitigen, kommt, wird sich spätestens mit Ablauf des Monats zeigen.
Googles Schreiben an Microsoft ist unter diesem Link erreichbar.