Apple ging noch nie Hand in Hand mit Standards. Und dennoch dreht sich beim neu vorgestellten MacBook alles um den einen einzigen USB Type-C Port. Während man es nicht vermuten mag, betritt Apple auch mit diesem Gerät bisher unbekanntes Terrain. Denn das Unternehmen versucht mit einem anscheinend ganz normalen Notebook eine komplett neue Geräteklasse einzuführen.
Design und Hardware
Cupertinos Geräte heben sich immer wieder durch ihr Design von der Konkurrenz ab. Manchmal funktioniert dies hervorragend, manchmal aber auch nicht. Auch mit neu vorgestellten MacBook bleibt man dieser Linie treu, welches gegenüber dem Vorgänger ein weitaus zeitgemäßeres Design an den Tag legt. Es ist mit knapp 14 Millimetern sehr schlank, besitzt einen kleineren Rand rund um das Display und ein ansonsten wertig aussehendes Aluminium-Gehäuse. Mit diesem Design hat man nichts riskiert und daher wenig falsch machen können. Dennoch hat man ein Gerät produziert, welches sich zweifellos sehen lassen kann.
Farblich hat man sein neues MacBook an die bisherigen iPhone-Modelle angepasst. So kommt es in Silber, Dunkelgrau und Gold daher. Letztere Farbe dürfte nicht jeden Geschmack treffen, jedoch verkauft Apple neben seinen Produkten auch ein Image.
Hardwaremäßig ist Apples MacBook bis auf das Gehäuse und die Anschlüsse eher unspektakulär. Für Fans der ehemaligen MacBook-Serie ist es möglicherweise sogar enttäuschend schwach. Für einen – verglichen mit dem damaligen Modell – höheren Preis muss man einen hardwaretechnischen Rückschritt in Kauf nehmen. Der Prozessor ist mit dem 1,1 bis 1,3 GHz Intel Core M-Prozessor in der (unteren) Mittelklasse angesiedelt, die 8 Gigabyte an Arbeitsspeicher sind hauptsächlich der Inneffizienz von Mac OS X bei Speichermanagement geschuldet. Zudem besitzt es ein hochauflösendes 12-Zoll 2304 x 1440 Retina-Display.
Apples erstes „Notebook“ – Wieso Apple zum Standard greift?
Während der eigenen Veranstaltung betonte man immer wieder einen unscheinbaren Begriff, nämlich genau jenen, den man in der Vergangenheit für seine MacBooks gemieden hatte: „Notebook“. Durch die Schöpfung einer eigenen Marke hat man jahrelang seine Geräte von abertausenden Notebooks distanziert. Nur, um dies innerhalb weniger Minuten einzureißen? Zweifellos waren dies keine Versprecher, dahinter stecken etliche Stunden strategischer Überlegung und Planung.
Apple bewirbt sein MacBook ganz bewusst als ganz normales, aber besseres Notebook. Es sieht auch zweifellos wie eines aus und funktioniert wie ein solches. Einen Unterschied gibt es dennoch: Anstatt wie alle anderen Hersteller zu versuchen, möglichst viele Anschlüsse darin zu verbauen, besitzt das MacBook nur einen einzigen. Und dieser ist nicht einmal proprietär, wie man es gewohnt ist, sondern (bald) gängiger Standard. Es gibt viele gute Gründe, um die Nutzung von Standards zu rechtfertigen, aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass gewöhnliche Argumente nicht für Apple gelten.
Zweifellos hat Apple derzeit das größte und am besten etablierte Ökosystem. Sämtliche Geräte mit der prägenden Aufschrift „Designed by Apple in Cupertino“ funktionieren nahtlos miteinander, kommunizieren via iCloud und können Inhalte und Daten untereinander kabellos über AirDrop und AirPlay übertragen. Während ein Notebook mit nur einem einzigen Port für viele von uns undenkbar wäre, dürfte es zumindest für jene Nutzer kein Problem sein, die bereits tief in Apples Ökosystem verwurzelt sind. Wer Medien kabellos über Apple TV auf den Fernseher übertragen will, benötigt dazu kein Kabel. Genauso wenig, um Inhalte vom iPhone oder Mac zu übertragen. Für Apple ist dieser Schritt daher eine logische Evolution.
Anstatt also für einen inkompatiblen Fernseher zuhause dauernd ein Kabel inkl. Adapter zu verwenden, investiert man gut und gerne einmal 70 Dollar in eine Apple TV-Box, die daneben weitere Vorzüge bietet. Im Laufe der Zeit folgen weitere Investitionen in Cupertinos Ökosystem, weswegen der Wechsel zu einem anderen Hersteller sich als schwierig und vor allem kostspielig herausstellt.
Folgen auf andere Ökosysteme
Cupertino hofft natürlich, dass man mit dem neuen MacBook Erfolg haben. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass es nicht so sein wird. Die Konkurrenz wird sich deshalb früher oder später Fragen müssen, wie man auf ein solch in sich geschlossenes Ökosystem reagieren kann. Die einzige Möglichkeit besteht darin, Apple in genau diesem anzugreifen. Wer Microsoft in jüngster Zeit beobachtet hat, dürfte die Redmonder bereits jetzt auf dem besten Weg dorthin sehen. Denn nur, wenn für Kompatibilität zwischen Xbox One, Windows-PCs und Apples Produkten gesorgt ist, kann Microsoft wechselwillige Kunden ködern.