Langsam aber sicher hat sich das Surface-Konzept aus Redmond auf dem Markt etabliert und erfreut sich nach anfänglichen Schwierigkeiten der ersten Generationen immer größerer Beliebtheit. Microsoft ist es gelungen, entscheidende Impulse im Convertible-Sektor zu setzen. Neben namhaften Größen wie HP mit ihrem Spectre X2 12, Lenovo mit dem Miix 700 sowie Dell mit ihrem neuen XPS 12 folgen neuerdings auch einige weitere Hersteller aus der PC-Sparte dem Redmonder Beispiel. Schließlich gesellten sich auch Google mit dem Android-basierten Pixel-C und Apple mit dem iPad Pro auf iOS-Basis hinzu.
Letzteres sorgte in der IT-Welt für viele Diskussionen, inwieweit sich die Geräte aus Cupertino und Redmond miteinander messen ließen und wo die Unterschiede lägen. Als sich uns die Möglichkeit bot, das iPad Pro aus nächster Nähe zu betrachten, haben wir uns auf die größte Gemeinsamkeit der beiden Geräte fokussiert und wollen unsere Erfahrungen mit euch teilen.
Stifttechnologie
Bereits mit dem ersten Surface konnte man sich nicht nur durch das neue 2-in-1-Konzept, sondern auch mit dem aktiven Stylus aus der Masse abgrenzen. Im Gegensatz zu den zahlreichen kapazitiven Stiften mit gummierter Spitze, die lediglich den Fingermodus ersetzen, wird hier eine besondere Technologie für die Stifterkennung mit unterschiedlichen Druckstufen genutzt. Dies gelingt über einen eingebauten Digitizer, der – einfach ausgedrückt – wie ein Sensor zur präzisen Stifterkennung dient. Zuvor war diese Technik hauptsächlich von speziellen Grafiktablets bekannt.
Während man bei der Surface-Reihe in den ersten beiden Generationen auf einen solchen aktiven Stylus der Wacom-Technologie setzte, wurde erstmals mit dem Surface Pro 3 ein rundum erneuerter Stift des Unternehmens N-Trig vorgestellt. Einer der Hauptunterschiede dieser beiden Varianten stellt der Digitizer dar. Dieser wird in die Tableteinheit verbaut und besteht bei Wacom aus zwei Lagen, jeweils zur Erkennung des Fingers und des Stiftes. Bei N-Trig hingegen wird eine einlagige Schicht verbaut, sodass ein Teil der Erkennung auf den Stift „ausgelagert“ werden kann. So wird im Gegensatz zu Wacom eine Batterie nötig.
Beim iPad Pro setzt erstmals auch Apple auf die Unterstützung eines aktiven Stylus. Bezüglich der Technologie werden keine offiziellen Angaben gemacht, jedoch kann aufgrund der Bauweise mit einem integrierten Akku auf eine ähnliche Technologie wie bei N-Trig spekuliert werden. Dies würde sich sicherlich auch für den dünnen Formfaktor des Tablets anbieten.
Eigenschaften & Funktionen
Im Sommer 2015 übernahm Microsoft den israelischen Stylus-Hersteller N-Trig und ließ für das Surface Pro 4 eine verbesserte Version entwickeln. Im folgendem Surface Pen ist die Radierfunktion an das Stiftende gewandert. Mit einem Klick auf das Stiftende öffnet sich die Notiz-App OneNote, mit zwei Klicks wird ein Screenshot gemacht und mit einem längeren Klick wird Cortana gestartet. Auf der flachen Stiftseite wurde neben der Rechtsklick-Funktion eine magnetische Halterung eingebaut. Legt man den Stift seitlich an das Surface, entsteht eine sehr starke magnetische Anziehung. In unserem Test mussten wir den Stift zum Entfernen nach vorne abrollen, denn beim Versuch ihn wieder abzuziehen wanderte die ganze Tableteinheit mit.
Der Apple Pencil hingegen bietet keine magnetische oder andere Halterungsmöglichkeit. Stattdessen ist der Stift jedoch gewichtet und beim Ablegen auf eine glatte Oberfläche rollt er nicht davon.
Während das Surface Pen eine AAAA-Batterie enthält, die laut Microsoft eine Laufzeit von mindestens einem Jahr bei regelmäßiger Nutzung bietet, hat der Apple Pencil einen aufladbaren Akku. Man verspricht eine Nutzungsdauer von 12 Stunden und bei einer Ladezeit von 15 Sekunden ganze 30 Minuten Nutzung. Zum Aufladen kann man das Stiftende ans iPad anstecken oder mithilfe eines mitgelieferten Adapters an ein Aufladekabel.
Schreibtest
Während der Stift beim Surface Pro 4 mitgeliefert wird, müssen die austauschbaren Spitzen für 10€ separat erworben werden. Zum Kauf eines Stiftes werden sie jedoch beigelegt. Die Spitzen gibt es in vier Härtegraden, welche bereits von Bleistiften bekannt sind: Von 2H, über H, HB hin zu B erhöht sich dabei die Reibung.
In unserem Test nutzten wir die Standardspitze HB. Durch die Gummierung ging uns das Schreiben viel leichter von der Hand. Die Umgewöhnungszeit ist minimal, sodass man recht schnell leserliche Texte schreiben kann. Für unseren Test haben wir auf beiden Geräten die Notiz-App OneNote genutzt. Mit 20g ist der Surface Stift etwas schwerer als der Apple Pencil, was wir jedoch im Schreibtest als vorteilhaft empfanden.
Zwar ist die Spitze des Apple Pencil ebenso austauschbar, jedoch gibt es keine Spitzen mit verschiedenen Schreibeigenschaften. Apple liefert den Stift lediglich mit einer Ersatzspitze aus. Im Schreibtest merkt man dem Pencil eine sehr hohe Sensitivität an. Leider führt die hohe Sensitivität in Kombination mit der hohen Gleitfähigkeit der Stiftspitze zu ungewollt, verlängerten Linien. Die Display-Oberfläche ist nämlich überaus glatt, sodass man schon beim leichten Ansetzen des Stiftes dies nicht immer bemerkt. Mit Übung ist dies aber sicherlich zu vermeiden.
Beim Surface Stift kann die Sensitivität über die Surface App angepasst werden. Um das Schreibgefühl natürlicher zu gestalten, kann man den standardmäßig aktivierten Cursor über die Einstellungen\Geräte\Stift deaktivieren. Beim iPad ist kein Cursor des Stiftes sichtbar. Im Vergleich zum Surface Pen ist der Apple Pencil gut 2cm länger. Dies macht sich beim Schreiben durch einen stärkeren Schwung bemerkbar. Was wir als leicht gewöhnungsbedürftig empfanden, jedoch fällt dies nicht allzu schwer ins Gewicht. Beim Zeichnen bietet das wiederum seine Vorteile, da es an einen Pinsel erinnert.
Zeichnen
Im Zeichentest verwendeten wir beim Surface die App Freshpaint von Microsoft. Im Test skizzierten wir innerhalb von fünf Minuten dasselbe Bild auf beiden Geräten. Mit einem geeigneten Programm lässt sich mit dem Surface Pen ziemlich gut zeichnen. Jedoch wird es schwierig, wenn eine Fläche ausgemalt werden soll. Dabei muss im Zeichenprogramm ein dickerer Stift angewählt werden. Noch schwieriger wird es beim Schraffieren einer Fläche, denn dazu müssen in Freshpaint zusätzliche Funktionen ausgewählt werden. Wie im Screenshot erkennbar ist, gelang uns das Schraffieren nicht so gut wie beim iPad Pro.
Beim Apple Pencil griffen wir auf das Zeichenprogramm Paper zurück, da es speziell auf den Stift angepasst wurde und sämtliche Funktionen unterstützt. Hierzu gehört der besondere Neigungssensor. Dadurch wird beim Zeichnen ein sehr realistisches Gefühl erzeugt. Will man eine Fläche ausmalen, muss nicht wie beim Surface Stift ein dickerer Stift innerhalb der App ausgewählt werden. Stattdessen muss der Apple Pencil einfach geneigt werden, wie beim Schraffieren mit einem geneigten Bleistift.
Fazit
Mit der gummierten Spitze bietet der Surface Pen ein realistischeres Schreibgefühl, wohingegen der Apple Pencil eine stärkere Gleiteigenschaft, ähnlich dem Vorgänger des Surface Stiftes, besitzt. In Kombination mit dem Neigungssensor kann der Stift aus Cupertino allerdings beim Zeichnen punkten. Auf der anderen Seite muss mit 109€ tiefer in die Tasche gegriffen werden. Auch fehlen eingebaute Funktionen wie der Radiergummi, die magnetische Halterung, die manuelle Justierung der Sensitivität, die Spitzen verschiedener Härtegrade, und die zusätzlichen Möglichkeiten beim Klick auf das Stiftende.
Der Surface Stift wird standardmäßig in Silber mitgeliefert und würde separat 64,99€ inkl. Pen Tip Kit kosten. In diesem Fall ist jedoch zusätzlich zwischen den Farben Schwarz, Dunkelblau und Rot wählbar.
Im Latenztest gibt es keine merklichen Unterschiede. Beide reagieren sehr flott, wobei der Surface Stift beim Ziehen schneller Kreise und unabhängig vom genutzten Programm Ecken bildet. Dies konnten wir in unserem Test bestätigen und vermuten ein Treiberproblem dahinter. Laut Berichten anderer Nutzer ereignet sich das Problem mit demselben Stift in Kombination mit dem Surface Pro 3 nämlich nicht.
Beim Schreiben und Zeichnen gibt bei beiden Geräten das Display zwar nach und bildet leichte Schlieren, jedoch drückt man beim iPad aufgrund der höheren Sensitivität nicht so stark auf und registriert dies folglich nicht.
Alles in allem stehen uns mit beiden Stiften sehr hochwertige Produkte gegenüber, die sich in der Qualität in nichts nachstehen. Prinzipiell empfiehlt sich für Zeichentätigkeiten der Apple Pencil und zum Schreiben der Surface Stift. Letztlich haben beide Stifte ihre Vor- und Nachteile und jeder muss für sich entscheiden, welches Produkt er bevorzugt.
Quellen: Surfaceinside, Sichelputzer