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Universal Windows Apps – Innovation oder Kompromiss?

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Seit unserer letzten allumfassenden Auseinandersetzung zum Thema der konsequenten Umsetzung von One Microsoft ist schon einige Zeit vergangen. Und so kommt es, dass wir uns heute mit dem Thema Universal Windows Apps und der Universal Windows Plattform (UWP) befassen. In diesem Artikel zeigen wir euch Vor- und Nachteile dieses stark umworbenen Konzeptes auf und bringen den ein oder anderen Grund an, weshalb einige Entwickler die benutzerstärkste Plattform – namentlich Windows – nach wie vor stiefmütterlich behandeln.

Ist eine App ein vollwertiges Programm?

Abgrenzung

Doch wovon sprechen wir eigentlich, wenn wir den Begriff „App“ in den Mund nehmen? Schließlich steht der Begriff für „Application“ und bei der Übersetzung ins Deutsche landen wir dann wieder beim „Programm“ – also dem tendenziell unkontrollierten Gewächs, das schwer einzudämmen scheint. Zumindest, sofern es nicht aus dem Windows Store installiert wurde, wie beispielsweise das neue Tomb Raider.

Der Begriff der „App“ wurde bisher maßgeblich durch die Mobilität geprägt und setzt sich so auch von dem klassischen „Programm“ ab. Man assoziiert ihn mit funktional abgespeckten, performanten, kleinen und mobilen Anwendungen, die primär auf Smartphones und Tablets ihren Zweck erfüllen (sollen). Und dabei scheint es immer wichtiger zu werden, eine App für jeden denkbaren Prozess zu erstellen – die Sinnhaftigkeit und der starre Blick einiger „App-Zähler“ einmal dahingestellt.

Halten wir an dieser Stelle einmal fest, dass es sich bei Apps grundsätzlich um flexibler einsetzbare Programme handelt, deren Funktionsumfang den „klassischen Programmen“ meistens ein wenig hinterherhinkt.

Professionalität und Apps

Doch gerade im Hinblick auf den aktuellen Hype um „Apps“ muss man sich fragen, ob Microsoft mit Windows 10 die richtige Strategie fährt. Nun gut, ganz falsch können sie bei den guten Zahlen nicht liegen. Aber mit Windows 10 wurde ziemlich vieles mit „App“ betitelt und selbst die „klassischen Programme“ werden als „Desktop-Apps“ deklariert, beispielsweise im Startmenü. Die „professionellen“ und oft auch etwas älteren Nutzer können sich aber nicht so schnell wie die heutige Jugend mit neuen Dingen wie „Apps“ auseinandersetzen. Wieso soll denn nun bloß auch alles „App“ heißen, wo doch auch „Programm“ Jahrzehnte gut gedient hat?

Mit Windows 10 und den Universal Windows Apps möchte Microsoft das Spagat schaffen und sowohl Liebhaber der „klassischen Programme“ als auch die heutige „Smartphone-Generation“ abholen und diese in einer flexiblen App zusammenfassen. Wie gut das funktioniert, wird sich noch zeigen. Doch zwei unterschiedliche Anforderungsprofile – einmal der professionelle Gebrauch und dann der „spielerische“ Ansatz der Apps – unter einen Hut zu bekommen ist sicherlich kein leichtes Unterfangen. Nicht aus freiem Himmel fiel die Äußerung von Steve Ballmer, Windows 8 sei das riskanteste Produkt von Microsoft.

Ob Microsoft die Marktmacht besitzt, den Begriff der „App“ in ein etwas professionelleres Licht zu rücken, ist für die nächsten Jahre zumindest fraglich. Bei dem hohen Marktanteil von Android und iOS und einer entsprechend hohen Anzahl an Apps für die Betriebssysteme des Wettbewerbes sowieso.

Vorbelastungen

Sicherlich resultiert das auch aus den vielen Skandalen, durch die „Apps“ im gewissen Maße auch geprägt wurden. Und das betrifft nicht nur die konkreten Apps, sondern auch die verbundenen Dienste. Schließlich haben wir gelernt, dass der Begriff „App“ stark von der Mobilität geprägt wurde. Mit Themen wie peinlichen Fotos aus der iCloud, Datenlecks bei Snapchat, Sicherheitslücken bei WhatsApp und oft fragwürdig vielen App-Rechten möchten sich kritische und „professionelle“ Nutzer nun einmal nicht herumschlagen. Und eine gewisse Anzahl an Menschen wird es immer geben, die nicht auf die neuesten Trends und Technologien aufspringt.

Komplexe Szenarien mit Universal Apps

Doch soll man die Welt nicht schwarz/weiß sehen und so liefert Microsoft selbst einige Positivbeispiele zu Apps, die auch professionellen Anwender gefallen – beispielsweise die Office Mobile Suite. Die Möglichkeiten der Skalierung auf unterschiedliche Bildschirmgrößen sind einzigartig und gerade im Zusammenhang mit Continuum kann sich das volle Potential von Universal Apps entfalten.

Office-365

Betrachten wir jedoch etwas komplexere Programme wie AutoCAD, Adobe Illustrator oder Microsoft Visual Studio, dann stoßen wir mit Universal Apps schnell an unsere Grenzen. Zwar nicht mehr so schnell, wie mit dem vorherigen Windows, jedoch nach wie vor deutlich. Und schlussendlich ergibt es es bei der vergleichsweise geringen Rechenleistung von Smartphones (noch) nicht sonderlich viel Sinn, komplexe Szenarien zu realisieren. So hat der Anwender keinen Spaß, wenn das Rendering eines 3D-Objektes das Smartphone mehrere Stunden in Anspruch nimmt, obgleich die Aufgabe am Computer innerhalb weniger Minuten erledigt wäre. Vom Akkuverbrauch möchten wir gar nicht erst anfangen zu schreiben.

Zusammengefasst scheint es uns unrealistisch, dass in naher Zukunft alle „klassischen Programme“ durch Universal Apps ersetzt werden. Vielmehr sollte versucht werden, die rechenintensiven Prozesse auf andere Geräte oder gegebenenfalls in die Could auszulagern – beispielsweise auf Microsoft Azure. Gute Beispiele für solche Szenarien bieten aktuelle ERP-Systeme. Zwar greifen wir hiermit gleich etwas höher als ein reguläres Programm, jedoch zeigen sie gut die Vorgehensweise auf: Seien es Systeme von proALPHA, SAP oder Microsoft – in der Regel verfügen all diese über Schnittstellen zu Web-Applikationen und/oder zu Apps, mit denen der Endanwender die Prozesse überwachen und oberflächliche Informationen auf die Schnelle abgreifen kann. Geht es dann darum, Datenstrukturen zu ändern und größere Rechenprozesse anzustoßen, ist die Nutzung der „klassischen Programme“ unabdingbar. Bereits bei der Vorstellung, ein vollständiges ERP-System mithilfe einer App zu realisieren, würden sich nämlich vermutlich und hoffentlich alle Entwickler die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

Und auch generell gilt: Zwar sind Universal Apps schön und gut. Doch bei einer ausgeklügelten Skalierung mit der entsprechenden Platzierung von Elementen je nach Geräteklasse und -größe muss der Entwickler trotz vielfältiger Möglichkeiten seitens Microsoft und Co. noch immer weitere Zeilen an Code schreiben.

Continuum für Phones benötigt Universal Apps

Auch wenn es über den Erfolg von Universal Apps kritische Stimmen geben mag, sollte Microsoft sich in seinem Weg nicht beirren lassen. An anderen Stellen haben wir schon mehrfach über die vielen Vorteile diskutiert, die besagte Apps mit sich bringen. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Redmonder dieses Alleinstellungsmerkmal weiter ausbauen und bewerben sollten. Und so scheint es Microsoft grundsätzlich auch zu sehen: Obwohl sich über die Vermarktung gewisser Dinge und die Strategie dieser streiten lässt. Die Kunden lässt man durch verschiedene Aktionen deutlich wissen, dass das Konzept der Universal Apps dem Konzern sehr wichtig ist. So verschenkt(e) man an Besitzern der neuen Lumia-Flagschiffe je ein Continuum Display Dock. Außerdem dürfen sich die Kunden über ein kostenloses Jahr Office 365 Personal freuen.

Windows10_Continuum_Build2015

Damit das knapp 100,- Euro teure Continuum Display Dock nicht in der Ecke verstaubt, benötigt es jedoch Universal Apps. Denn – wie der Name schon sagt – lassen sich die Apps universal skalieren und nur diese können ihr Potential über die Continuum-Funktion entfalten. Windows Phone 8.1-Apps lassen sich zwar auch mit Maus und Tastatur bedienen, sie skalieren jedoch nicht auf den ganzen angeschlossenen Monitor. Wer das Szenario mit Universal Apps schon einmal live und in Farbe gesehen hat, der weiß die Flexibilität zu schätzen, das Smartphone ohne viel Aufwand in einen kleinen Computer zu verwandeln. Und mit den besagten Office Mobile Apps ist es sogar möglich, ziemlich produktiv zu arbeiten.

Einziger Wermutstropfen bleibt, dass im Store keine deutliche Differenzierung zwischen Windows Phone 8.1-Apps und Universal Windows Apps vorgenommen wird. So kann man erst nach dem Installieren feststellen, ob diese Apps Continuum für Phones auch vollständig unterstützen oder eben nicht. Für euch haben wir jedoch eine Liste mit allen Universal Windows Apps erstellt, die bisher im Store verfügbar sind. Zusätzlich sammeln wir UWP-Apps in unserem Forum.

Sicherheit durch geschlossenes System

Ein oft wegdiskutierter, in unseren Augen jedoch sehr bedeutsamer Punkt, ist der des geschlossenen Systemes: Apps und mit Windows 10 sogar auch aus dem Store installierte „klassische Programme“ laufen in einer eigenen virtuellen Maschine, sodass sie nicht „ausbrechen“ können. Dies hat einerseits den Vorteil, dass sich diese vollständig und ohne Rückstände deinstallieren lassen. Andererseits bringt dieses Vorgehen auch den Vorzug mit sich, dass die Apps durch die Abkapselung deutlich weniger Angriffspotential bieten. Und durch die Überprüfung seitens Microsoft im Store wird eine gewisse Sicherheit schon einmal grundsätzlich gewährleistet. In unserem Artikel über Windows as a Service (WaaS) beleuchteten wir bereits ausführlich diese Thematik und zogen ein Interview von Boris Schneider-Johne, Enthusiast Marketing Manager Windows bei Microsoft, hinzu.

Currently Windows Phone seems to be the hardest nut to crack.

Nicht nur die Apps, sondern auch das Betriebssystem an sich muss natürlich resistent gegen Angreifer sein. Windows Phone wurde bereits mehrfach als sicherstes mobiles Betriebssystem ausgezeichnet. Und auch in Windows 10 hat Microsoft einige Änderungen vorgenommen, die die Sicherheit des Betriebssystemes und wichtiger PC-Komponenten signifikant erhöhen. Einige davon haben wir in einem älteren Artikel bereits für euch zusammengefasst.

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Microsoft selbst hat neben den Privatkunden, denen die Sicherheit unseres Erachtens zu wenig vermarktet wird, ein besonders starkes Interesse, die Sicherheit auf einem exzellenten Niveau zu halten – Geschäftskunden. Vor dem Hintergrund, dass viele Unternehmen einen raschen Umzug auf Windows 10 planen, sind das gerade für Geschäftskunden erfreuliche Nachrichten.

An dieser Stelle zeigt sich das oben bereits erwähnte Spagat noch einmal deutlich: Einerseits bieten sich durch Universal Apps viele Vorteile – Skalierbarkeit, Sicherheit und Komfort. Andererseits sehen wir sowohl Microsoft als auch die Entwickler in der Pflicht, Universal Apps brauchbar zu programmieren und das gesamte Potential dieser auszuschöpfen. Schließlich möchten wir, zumindest die Geschäftskunden, mit den Apps produktiv arbeiten und keine Spiele spielen.

Developers, developers, developers…

Entwickler sind gefragt

Leider – und dem muss man ins Gesicht sehen – hat sich Windows für Apps bisher nach wie vor nicht richtig durchsetzen können. Zwar ändert sich die Situation mit Windows 10 und den Universal Apps gerade ein wenig. Doch immer wieder erleben wir schweren Herzens, dass sich Entwickler und Unternehmen trotz diverser finanzieller Anreize für die Plattformen des Wettbewerbes entscheiden. Dabei scheint, wie die Entwickler in unseren Developer Stories bestätigen, Microsoft überdurchschnittlich viel Energie in die vielfältigen Hilfestellungen für Entwickler zu stecken.

Inzwischen können sich die Unternehmen auch nicht mehr hinter dem früher gültigen Argument verstecken, Windows Phone habe vergleichsweise wenige Nutzer. Denn nachdem Windows 10 auf allen Geräten – Smartphones, Tablets, PCs, HoloLens – lauffähig ist und die Upgrades auf das neue Betriebssystem quantitativ sehr erfolgreich verlaufen, bieten die Redmonder nun die benutzerstärkste Plattform.

Beispiel: Deutsche Bahn AG

Die Deutsche Bahn liefert hierfür mit ihrer in die Jahre gekommenen App „DB Navigator“ das beste Beispiel: Das letzte Mal wurde die App am 10. April 2014 aktualisiert. Die App nicht weiter zu pflegen oder eine neue App zu entwickeln, sei eine „unternehmerische Entscheidung“ gewesen. Und wo sich die Deutsche Bahn vor einigen Monaten noch hinter den vergleichsweise wenigen Nutzern von Windows Phone 8.1 versteckte, gilt dieses Argument heutzutage nicht mehr. Das neue Argument der Deutschen Bahn lautet nun, dass die Kaufkraft der Android- und iOS-Nutzer (angeblich) höher als die der Windows-Nutzer sei – wobei das Argument gerade bei Android schwer nachvollziehbar ist, wenn man aktuelle Studien einbezieht.

ICEX_ICE4_Bahn

Und damit wird die Windows Community auch in naher Zukunft nicht in den Genuss kommen, Fahrkarten der Deutschen Bahn komfortabel mithilfe einer offiziellen App auf ihren Windows-Geräten zu kaufen und abzulegen. Abhilfe schafft teilweise die neue App „Bahnticket“, die wir bereits vorstellten.

Aber so scheint es – ähnlich wie im mysteriösen Fall Snapchat – einige Manager und Entscheider zu geben, die wegen vorgeschobener Argumente partout keine App für Windows entwickeln (lassen) möchten.

Steve Ballmer: Android-Apps auf Windows 10

Selbst der zweite CEO von Microsoft – namentlich Steve Ballmer – meldete sich bei dieser hitzigen Diskussion zu Wort. Dies ist insofern überraschend, da er sich bereits vollständig von Microsoft zurückgezogen hat. Doch so emotional, wie sich Steve Ballmer für das Unternehmen eingesetzt hat, tun es vermutlich die wenigsten (ehemaligen) Geschäftsführer. Schließlich sei Microsoft „sein viertes Kind“, wie er in seiner emotionalen Abschiedsrede betonte.

Auf einem Aktionärstreffen kritisierte Steve Ballmer den aktuellen CEO Satya Nadella dafür, nicht genügend Engagement für das Schließen der „App-Lücke“ aufzubringen. So gebe es beispielsweise nach wie vor keine offizielle App für das international vertretene Starbucks, dessen Hauptsitz nur wenige Kilometer von Redmond entfernt ist. Zumindest nicht für Windows Phones, denn für das Microsoft Band gibt es bereits eine App. Satya Nadella entgegnete, man wolle die Entwickler durch die Universal Windows Plattform (UWP) anlocken. Diese Hoffnung äußerte er bereits mehrfach.

That won’t work.

Steve Ballmer hingegen scheint nicht allzu viel von der Strategie zu halten und stieß ein für unsere Leser bekanntes Thema an – Project Astoria. Er sagte vor versammelter Mannschaft, dass Microsoft endlich Android-Apps auf Windows 10 Mobile lauffähig gestalten sollte. Auch kritisiert er die nicht sonderlich gut erkennbare Zielgerade, auf der sich der neue CEO mit der mobilen Plattform bewegt. Zwar sind gerade erneute Hinweise auf Android-Bestandteile in der neusten Windows 10 Mobile-Version aufgetaucht. Doch ob daraus wirklich etwas wird, bezweifeln wir.

Und ob eine solche Strategie überhaupt die richtige ist, sei einmal dahingestellt. An anderer Stelle berichteten wir bereits ausführlich über die Gründe, weshalb selbst Microsoft die Plattformen des Wettbewerbes zum Teil frühzeitiger bedient. Auch berichteten wir bereits über die Vorteile, die Windows as a Service (WaaS) für das hauseigene Ökosystem mit sich bringt.

Fehlstart von Windows 10 Mobile?

Was bisher geschah…

Vor inzwischen einem Jahr hat Microsoft mit dem Ausrollen der Vorabversionen von Windows 10 Mobile begonnen. Und was ist seither passiert? Schauen wir uns zum Vergleich einmal das Video zum offiziellen Start an:

Wenn wir uns das Video von Joe Belfiore zum Start des Programmes anschauen, dann können wir eines mit Sicherheit feststellen: Der erkennbare Fortschritt und die Neuerungen seither fallen übersichtlich aus. Zwar wurde die eine oder andere App erneuert und mithilfe des vielen und überwältigendem Feedback überarbeitet. Und sicherlich wurden auch viele Fehler behoben und die Stabilität wurde verbessert. Doch die grundlegenden und für den Anwender sichtbaren Systemfunktionen haben sich unterm Strich nicht nicht groß geändert. Die innovativen Neuerungen fallen eher gering aus, wenn wir rein das Betriebssystem (ohne Apps) betrachten.

Theorie zum Werdegang

Dass Microsoft bereits mit Windows 8(.1) nicht den gewünschten Erfolg erzielte, ist bekannt. Zwar haben sich die Microsofties bei der Bedienung viele Gedanken gemacht und gute Konzepte eingearbeitet. Doch der Mensch ist ein Gewohnheitstier und gerade durch Android wurden Apps mit „Hamburger-Menü“ geprägt, welches damals allerdings erst wenige Windows Apps besaßen. Vermutlich war Microsoft erpicht auf eine runderneuerte Windows-Version und hatte das Bedürfnis, diese gerade auch den Desktop-Nutzern möglichst schnell zur Verfügung zu stellen. Denn für Touch-Gesten leistete Windows 8(.1) sehr gute Dienste. Dies taten sie dann mit Windows 10 für den Desktop, ließen dabei jedoch die Smartphone-Version (mehr oder weniger) links liegen. Nun kommen die Desktop-Nutzer schon ein halbes Jahr in den Genuss des neuen Windows. Dagegen können Freudige seit wenigen Wochen nur mit drei neuen Smartphones – den beiden Lumia 950 und dem Lumia 550 – auf offiziellem Wege in Kontakt mit dem neuen Windows kommen. Allerdings ironischerweise nur in einer Vorabversion, die auch die Windows Insider testen. Denn Microsoft beschäftigt sich gerade mit Verbesserungen des OneCore, also dem Kern des Betriebssystems, welcher anscheinend nach wie vor nicht zufriedenstellend fertiggestellt ist. Wäre dieser vielleicht schon besser früher fertiggestellt worden? Hätte Windows 10 für Desktop um ein paar Monate nach hinten geschoben werden sollen? Dann wären aktuell vielleicht ein paar mehr Ressourcen für die Entwicklung von Windows 10 Mobile frei. Stattdessen muss man nun nachbessern – denn Windows 10 für Desktop und Windows 10 Mobile basieren nach wie vor nicht auf dem gleichen OneCore. Immerhin ist mittlerweile allem Anschein nach die offizielle Verteilung des Windows 10 Mobile-Updates für bestehende Geräte angerollt.

Ob die Theorie stimmt respektive die Kritik gerechtfertigt ist? Wer weiß. Die Wahrheit liegt irgendwo in Redmond. Jedoch ist es für den Erfolg der Universal Apps unabdingbar, die Vorteile im Rahmen des Zusammenspiels unterschiedlicher Windows 10-Geräte vorzuführen und anzupreisen. Wie kann das ohne fertiggestelltes und stabiles Betriebssystem funktionieren? Schlussendlich kann das Konzept so nicht aufgehen, wenn man die Vorteile der eigenen Plattform schlicht nicht aufzeigen „kann“. Wir müssen uns die Frage stellen, ob eine Universal App überhaupt große Vorteile mit sich bringt, wenn wir diese nur auf einem Smartphone laufen lassen – das bereits erwähnte Continuum Display Dock ausgenommen.

Parallelen und Alternativen

Xamarin

Mit dem Konzept der Universal Windows Apps bewegt sich Microsoft zum Teil in neues Terrain: Die plattformübergreifende Entwicklung – im Fachjargon Cross-Plattform Development genannt – beschreibt einen einmaligen Entwicklungsprozess mit gleichzeitiger Möglichkeit, die App auf unterschiedlichen Plattformen auszuführen. Mit der Entwicklungsumgebung „Visual Studio“ ist es bereits im gewissen Rahmen möglich, Apps für andere Plattformen zu programmieren. Doch auch andere Unternehmen wie Xamarin bieten diese Optionen an und haben sich auf dieses immer populärer werdende Thema spezialisiert.

Nun muss die plattformübergreifende Entwicklung nicht zwangsweise als Konkurrenz, sondern vielmehr als parallele Möglichkeit der Entwicklung von Universal Windows Apps gesehen werden. Aus dieser bilden sich schließlich auch Chancen, um die hauseigene Windows-Plattform zu stärken: So können Entwickler nun mit nahezu keinem Mehraufwand und Tools wie Xamarin vergleichsweise schnell Apps für die drei großen Plattformen entwickeln – iOS, Android und Windows. Ob die Deutsche Bahn damit bereits vertraut ist?

Für eingefleischte Visual Studio-Nutzer gibt es sogar eine Anbindung an Xamarin, sodass diese nicht auf die benutzerfreundliche und ausgereifte Entwicklungsumgebung verzichten müssen. An diesem Beispiel sieht man im Übrigen erneut, dass sich Microsoft geöffnet hat und Partnerschaften eingeht, wo vor einigen Jahren jeglicher Wettbewerb als Konkurrenz angesehen wurde.

Für besonders Interessierte empfehlen wir einen Blick auf die Homepage von Malte Götz, ein Kollege und Student Partner bei Microsoft und Xamarin. Er hält öfters Vorträge über dieses Thema – unter anderem im Dezember letzten Jahres auf der Technology Conference Cologne 2015.

Web-Applikationen

Auch im Bereich der Web-Entwicklung tut sich einiges. So scheint es einige Entwickler in diese Richtung verschlagen zu haben, da das Internet eine vergleichsweise sehr unabhängige Entwicklungsmöglichkeit bietet: Weder sind die Web-Applikationen an ein bestimmtes Betriebssystem gebunden noch müssen sie für jede Plattform angepasst werden. Und wer kann schon verneinen, dass ein Internet Browser zum Standard-Repertoire eines Betriebssystems gehört?

Microsoft hat dies erkannt, auf der Build 2015 angekündigt und mit Visual Studio die Möglichkeit geschaffen, Homepages in Universal Windows Apps einzubinden – und das ohne eine Zeile Programmiercode. Schlussendlich erhofft sich Microsoft dadurch, dass auch Web-Entwickler die Vorteile der Universal Windows Plattform aufgreifen, ihre Homepage mit einfachen Codeschnipseln erweitern und diese mit Windows interagieren lassen. So können Homepages dadurch beispielsweise mit Cortana interagieren oder auf Bewegungssensoren des Gerätes zugreifen.

Besonders Interessierten Lesern empfehlen wir einen Blick auf den Blog von Gregor Biswanger, ein Microsoft MVP und Intel Black Belt Software Developer. Dieser hält regelmäßig Vorträge über die plattformübergreifende Entwicklung mithilfe von Web-Applikationen und des Intel XDK SDK.

Windows as a „truely personal experience“

People needing Windows

Satya Nadella

Als Satya Nadella zum CEO ernannt wurde, verbreiteten sich schnell einige Zitate mit seiner Lebensphilosophie. So auch das auf dem Bild abgelichtete.

Microsoft möchte, dass Windows ein „truely personal experience“ wird. Mit Cortana, den Live Tiles, einer nahtlosen Synchronisation zwischen den Geräten und natürlich den Universal Windows Apps soll dieser Wunsch aufgehen. Der Nutzer soll zwar nach wie vor an Windows und Microsoft-Dienste gebunden sein. Daran arbeitet Microsoft auch fleißig, beispielsweise durch das kostenlose Upgrade auf Windows 10 und die Integration vieler Microsoft-Dienste direkt in das Betriebssystem. Allerdings soll der Nutzer dies nicht mehr als nachteilig empfinden. Die Redmonder möchten die hauseigene Plattform so gestalten, dass sich jeder Nutzer willkommen fühlt und gerne damit arbeitet. Mit dem Windows Insider Programm und der in Windows 10 integrierten Support-App hat man auf jeden Fall den richtigen Pfad eingeschlagen.

Ironischerweise könnte man den ersten Teil des obigen Zitats, also „needing Windows“, wegen der starken Konkurrenz insbesondere im mobilen Sektor auch anders verstehen, im Gesamtkontext natürlich aber nicht.

People choosing Windows

Ob sich mehr potentielle Nutzer oder Bestandskunden weiterhin für Windows entscheiden und ob der Wunsch aufgeht, wird sich erst in der Zukunft zeigen. Die aktuellen Statistiken über Windows 10 deuten allerdings darauf hin, dass dies zumindest im Desktop-Bereich der Fall sein könnte. Die Grundbausteine sind bereits gelegt. Fragende Blicke könnten nur aufkommen, wenn es um die schon angesprochene Marktmacht im mobilen Sektor geht. Wo diese bei den Geschäftskunden aufgrund der guten Integration von Microsoft-Produkten und -Services teilweise besteht, sieht dies im privaten Endkundenbereich etwas dunkler aus. Fraglich ist, wie gut die Innovationen ankommen und wie gut diese vermarktet werden.

People loving Windows

Microsoft ist modern und innovativ – keine Frage. Im Artikel über die Neuausrichtung von Microsoft haben wir dies ausführlich beleuchtet. Der Erfolg von Universal Windows Apps hängt jedoch nicht nur von der grundsätzlich positiv zu bewertenden Neuausrichtung von Microsoft ab, sondern insbesondere von dem Marketing, der Kommunikation und den Chancen, die Microsoft nun ergreifen sollte. Wir sehen viel Potential, denn in diesem Bereich hat Microsoft sich ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Mobilität, Cloud, Internet, Apps, Flexibilität und Globalisierung – das sind alles Begriffe und Themen, die in der heutigen Zeit sehr an Fahrt aufgenommen haben und in jede unternehmerische Entscheidung einfließen sollten.

Bahnticket (kostenlos)

Bahnticket
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Entwickler: sebfrie
Preis: Kostenlos

(Bild-)Quelle(n): elhombredenegro (flickr), Business Insider via WMPoweruser WalkingCat, Bloomberg via Windows Central, App Annie, What Mobile via Dr. Windows, ZDNet, Digital Lifedesig | enthält Partnerlink

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