Mit dem neuen § 309 Nr. 13 BGB bricht der deutsche Gesetzgeber eine Lanze für den Verbraucher und passt das geltende Recht an die Gegebenheiten der Moderne an: Demnach sind seit dem 1. Oktober 2016 solche AGB-Klauseln zwischen Unternehmen und Verbrauchern unwirksam, die eine strengere Form als die „Textform“ vorsehen. Weshalb diese Gesetzesänderung erforderlich war und welche Auswirkungen sie für Euch hat, werden wir im Folgenden erläutern.
„Was bisher geschah…“
Unternehmen durften in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Vergangenheit grundsätzlich vorschreiben, dass Verbraucher alle Erklärungen wie beispielsweise die Kündigung in der „Schriftform“ abzugeben haben. Die Schriftform gemäß § 126 BGB ist nicht zu verwechseln mit der Textform gemäß § 126b BGB. Während die Schriftform vereinfacht dargestellt eine Unterschrift auf dem Papier voraussetzt, bedarf die Textform weder der eigenhändigen Unterschrift noch des Papiers. Zur Wahrung der Textform ist es stattdessen ausreichend, dass die „lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird“. Der Textform entsprechen somit zum Beispiel E-Mails, Faxe sowie SMS- und WhatsApp-Nachrichten.
Seit dem 1. Oktober haben AGB jedenfalls keine strengere Form für Erklärungen als die Textform vorzusehen, so dass Ihr Kündigungen und sonstige Erklärungen unter anderem auch per E-Mail abgeben dürft. Erforderlich war die Gesetzesänderung aus zwei Gründen:
- Auch ohne die Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB ermöglichte bereits § 127 Absatz 2 BGB eine Abweichung von der Schriftform. Denn § 127 Absatz 2 BGB sieht vor, dass bei einer vertraglich vereinbarten Schriftform im Zweifel anzunehmen ist, dass die „telekommunikative Übermittlung“ der Erklärung – das heißt per E-Mail in Textform – ausreichend ist und die Schriftform auf diese Weise gewahrt wird. Allerdings ist § 127 Absatz 2 BGB in der Praxis nicht sonderlich bekannt, so dass der Gesetzgeber mit dem neugefassten § 309 Nr. 13 BGB Klarheit schafft.
- Der Bundesgerichtshof entschied schon mit Urteil vom 17. Juli 2016 (Az.: III ZR 387/15), dass die AGB eines Unternehmers – das reine Online-Dienstleistungen anbietet – für eine Kündigung nicht die Schriftform vorschreiben dürfen.
Verdienst des Datenschutzgesetzes
Hintergrund der Gesetzesänderung ist das am 24. Februar 2016 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts“. Durch das Gesetz wurden Verbraucherschutzverbände ermächtigt, Verstöße gegen das Datenschutzrecht abzumahnen. Gleichzeitig wurden auf diesem Wege aber auch Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgenommen, die sich unter anderem wie oben dargestellt äußern.
Ausnahmen beachten
Bekanntlich hat jede Regel ihre Ausnahme, so auch im Falle des AGB-Rechts. Etwa § 310 BGB schließt die Anwendbarkeit der §§ 308 und 309 BGB unter anderem für Energieversorgungsverträge oder für AGB gegenüber Unternehmen (B2B) aus. In diesen Konstellationen gilt die neuerliche Erleichterung zu Gunsten der Verbraucher folglich nicht! Im Übrigen gilt die neue Vorschrift des § 309 Nr. 13 BGB lediglich für Verträge, die nach dem 30. September 2016 zustande gekommen sind. Altverträge, die über den 30. September hinaus bestehen und die eine Schriftformklausel enthalten, verstoßen somit nicht gegen das neue AGB-Recht.
Zu guter Letzt möchten wir die Gunst der Stunde nutzen und Euch auf eine in Planung befindliche neue Kategorie auf WindowsArea.de hinweisen, namentlich „Recht & Wirtschaft“. Die zuständigen Autoren würden in unregelmäßigen Abständen die für Euch relevanten rechtlichen und wirtschaftlichen Themen in der nötigen Tiefe aufarbeiten. Uns interessiert zunächst aber, ob auf Eurer Seite überhaupt Interesse an WindowsArea.de-Artikeln mit Bezug zum Recht und zur Wirtschaft besteht. Wir freuen uns auf Euer Feedback!
Bildquelle: stevepb, pixabay
Die Rechtslage aufzudröseln finde ich eine super Idee!
Juristen neigen bei Fragen leider oft statt mit einer klaren Aussage mit Links zu juristischen Kommentaren und sogar zu juristischen Diskussionen zu antworten, die man als Nichtjurist ja gerade nicht durchackern wollte. Das Internet nach relevanten Texten durchsuchen, kann ich selbst – ich kann Bing 😉
Gerade AGB bzw. neue/geänderte AGB sind ja ausgesprochen öde zu lesen, und am Ende weiß man nicht, was sich geändert hat oder welche Auswirkungen die Änderungen jetzt genau haben. Inzwischen lese ich sie kaum noch bei Apps und Programmen. Ablehnen kann man sie ja sowieso nicht, wenn man das Programm weiterhin nutzen will.
Ich freue mich auf erhellende Artikel…
Besten Dank für das Feedback, Salino. Die Gebaren einiger Kollegen sind mir bekannt, ich stelle aber andere Ansprüche an mich selbst und hoffe, dieser erste Artikel der neuen Kategorie entspricht diesen Ansprüchen.
Die neue Kategorie find ich prima und freue mich sehr darauf.
Ich denke, dass der wesentliche Unterschied nun darin besteht, dass es keiner Unterschrift mehr bedarf. Bei der gewillkürten Schriftform in Form von AGB war diese meines Wissens nach §127 BGB schon noch erforderlich, aber es genügte halt zb. ein unterschriebenes Fax (und damit war es nicht notwendig dem Empfänger das original zukommen zu lassen). Da nun maximal Textform vereinbart werden kann, genügt auch eine einfache Mail, ohne dass man eine Unterschrift einscannen müsste.
Also ist es insofern schon eine Neuregelung.
Ich fände eine derartige Kategorie auch top :)?
Danke für das Feedback. Zum Punkt 1 aus unserem Artikel empfehle ich z.B. folgende Entscheidung: https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=29 U 857/14
Es ist überfällig gewesen. Und für Verträge von vor dem 1. 10. sollte es nur eine Übergangsfrist geben, z. B. 1 Jahr, dann sollte das für alle AGB gelten – das wäre dann wirklich verbraucherfreundlich … 😉
B2B und Verbraucherrechte bzw. -pflichten schließen sich ja per se aus, der Hinweis ist also eigentlich überflüssig 😉
„Eigentlich“ ja, aber hier tummeln sich nicht nur Rechtskundige und selbst Unternehmer kennen die Grundprinzipien des AGB-Rechts nicht zwingend. Insofern finde ich den Hinweis wichtig.
Hallo Okan,
Unternehmer, die das AGB-Recht nicht kennen, werden es auch durch diesen Hinweis nicht kennenlernen 🙁
Mit dem Argument als Grundlage hätte der Artikel um Dimensionen länger ausfallen müssen, weil Dinge hineingehört hätten, die eigentlich nicht dazugehören … ;))
P.S. Nichtsdestotrotz halte ich eine solche Rubrik (evtl. geteilt in B2C und B2B) für gut ? (dieses Smiley, weil ich gerade in der Karibik am Strand liege ?)
Nunja, irgendwo muss man dann doch die Grenze ziehen, um nicht vom Thema abzuschweifen. ? Viel Spaß im Urlaub.
OT, aber wenn der „Chef“ sich mal meldet ? Gibt’s eigentlich schon Neuigkeiten bezüglich der überarbeiteten WindowasArea-App? Ich vermisse den Live-Tile… ☺
die Devs könnten Oktober etwa mit der Arbeit beginnen.
Gutes Gelingen! ?
Hallo liesy,
noch nichts Konkretes, aber unsere Devs arbeiten daran.
Sehr gerne mal etwas über die Nachfolge von Safe Harbour und die passende Umsetzung im echten IT-Leben.
Besten Dank!
Dem kann ich mich nur anschließen.
+1
Gute Idee die AGBs ändern sich ja fast täglich mittlerweile. Lesen tut sie eh kaum jemand. Da ist es hilfreich wenn man infos bekommt, die einem so durch schlüpfen würden. Danke.
Ja bitte!
Top!!!!
…Ich denke, auch wenn das Thema in punkto Inhalt sehr an der eigentlichen Thematik (Microsoft, „Windows“, etc.) vorbeizieht, ist es für den Verbraucher in Bezug auf die „Thematik“ doch SEHR wichtig und aber auch interessant zu erfahren, was kann/darf ich und was nicht. Wo befinden auch evtl. Schlupflöcher und wo muss ich schon sehr aufpassen, obgleich es ein Schlupfloch ist.
Außerdem ist des ein Thema welches, meiner Ansicht nach, kaum eine Techno-Redaktion anbietet. Also mein Go habt ihr… Weiter so!!! ??
Lol, ich hab erst gedacht der Daumen wäre der Kackesmiley von WA ?
Danke für das ausführliche Feedback. Ich habe von Berufs wegen mit diesen Themen zu tun, so dass sich Beruf und „Hobby“ gut verbinden lassen. Auch wenn überhaupt kein Bezug zu MS oder zu Technik im Allgemeinen vorhanden ist, so betrifft beispielsweise diese Gesetzesänderungen sehr viele Verträge, die täglich abgeschlossen werden. Und über solche Themen bei „der Gelegenheit“ durch uns informiert zu werden, dürfte nur in Eurem Interesse sein. Zumindest schadet es niemandem… ?
Kaum eine Techno-Redaktion? Heise und Co. sind da nach meiner Erfahrung immer recht nah dran, z. B. vor 4 Wochen https://shop.heise.de/katalog/agb-frust-statt-liebeslust (ok, war nur im Heft und nicht online, aber trotzdem …?)
Tolle Sache! Es besteht definitiv Interesse an Artikeln zu Rechtsfragen
Super idee. Dsnke.
Jo!
Θ_Θ