Facebook und Co. gewinnen schon aufgrund der weiterhin steigenden Benutzerzahlen auch künftig an Wichtigkeit für Unternehmen. Zur rechten Zeit entschied daher das BAG, dass der Betriebsrat durchaus ein Mitspracherecht beim Facebook-Auftritt hat, wenn auch in gewissen Grenzen.
Das Web 2.0 stellt den deutschen Gesetzgeber und die Rechtsprechung vor eine qualitativ und quantitativ höchst anspruchsvolle Herausforderung. Denn es genügt längst nicht mehr, die schier zahllosen Gesetze schlicht zu novellieren. Ein Mindestmaß an Nachhaltigkeit ist von hoher Wichtigkeit, um den sich täglich, stündlich, gar minütlich ergebenden Neuerungen im Internet Rechnung zu tragen. Diese Herkulesaufgabe bewältigt unter anderem das Bundesarbeitsgericht in stetiger Folge. Jüngstes Beispiel hierfür ist der Streit zwischen einem Konzern, der Blutspendedienste betreibt, und seinem Betriebsrat über die Frage, ob die Mitarbeitervertretung ein Mitbestimmungsrecht am Unternehmensauftritt auf sozialen Netzwerken hat und wie weit dieses Recht reicht.
Der Sachverhalt
Das besagte Unternehmen hatte im April 2013 eine eigene Facebook-Seite eingerichtet, auf der es Nutzern möglich war, eigene Beiträge zu hinterlassen. Da es jedoch auch zu Nutzerbeiträgen kam, die das Verhalten von Ärzten und weiteren Arbeitnehmern des Unternehmens beanstandeten, wehrte sich der Betriebsrat dagegen und begehrte die vorläufige Schließung der Facebook-Seite. Zur Begründung führte der Betriebsrat an, die Facebook-Seite eröffne dem Unternehmen die Möglichkeit der Überwachung der eigenen Beschäftigten. Dreh- und Angelpunkt dieser Argumentation ist § 87 Abs. 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), wonach dem Betriebsrat im Falle der
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen
ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Das ursprünglich angerufene Arbeitsgericht Düsseldorf untersagte dem Unternehmen die Fortführung des Betriebs der Facebook-Seite und bejahte ein umfassendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einrichtung und dem Betrieb der Facebook-Seite. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hob mit Beschluss vom 12. Januar 2015 (Az.: 9 TaBV 51/14) diese Entscheidung indes auf und wies die Klage des Betriebsrates zurück. Auf die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde bekam der Betriebsrat vor dem Bundesarbeitsgericht nun teilweise Recht.
Die Entscheidung & (rechtliche) Hintergründe
Mit Beschluss vom 13. Dezember 2016 (Az.: 1 ABR 7/15) räumte das Bundesarbeitsgericht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht für den Fall ein, dass der Arbeitgeber auf seiner Facebook-Seite für andere Facebook-Nutzer die Veröffentlichung von Besucher-Beiträgen ermöglicht, die sich auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Beschäftigter beziehen. Die Veröffentlichung von Posts mit Bezug auf das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern entspricht folglich einer „technischen Einrichtung zur Überwachung von Arbeitnehmern“ im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Entscheidet sich ein Unternehmen demnach bei unternehmenseigenen Social Media-Auftritten für eine solche Funktion, ist der Betriebsrat in diese Entscheidung einzubeziehen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats wird durch Betriebsvereinbarungen und Regelungsabreden zwischen Mitarbeitervertretung und Arbeitgeber realisiert. Der Betriebsrat muss also nach vorheriger Anhörung in die Entscheidung zustimmen. Gelingt eine Einigung nicht, entscheidet die sogenannte Einigungsstelle (§ 76 BetrVG).
Das BetrVG trat im Jahr 1952 erstmals in Kraft und umschreibt in § 87 die obligatorische Mitbestimmung des Betriebsrats detailliert und abschließend. Dem § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG kommt dabei eine besonders gewichtige Rolle zu, da der Gesetzgeber zum Zeitpunkt seiner Einführung über die heute existierenden technischen Szenarien bzw. Möglichkeiten bestenfalls spekulieren konnte. Dementsprechend legt das Bundesarbeitsgericht diese Regelung seit Langem dahingehend aus, dass technische Überwachungseinrichtungen in diesem Sinne nicht tatsächlich zur Überwachung bestimmt sein müssen. Ausreichend ist nach herrschender Auffassung vielmehr, dass die Einrichtungen zur Durchführung entsprechender Überwachungen geeignet sind. Deswegen erfasst § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG letztlich alle modernen technischen Lösungen, die Daten erfassen (Mobiltelefone, Telefonsysteme, Zeiterfassungssysteme, GPS-Systeme, Druckersysteme, EDV u.ä.). Schließlich besteht zumindest die theoretische Möglichkeit, mithilfe dieser aufgezeichneten Daten Schlussfolgerungen auf das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer zu ziehen.
Hinweis: Es handelt sich hierbei um einen weiteren Artikel aus unserer neuen Kategorie „Recht & Wirtschaft„.
(Bild-)Quellen: Bundesarbeitsgericht (Pressemeldung), Venturebeat, Q.pictures / pixelio.de, stevepb/ pixabay | via: RAe von Bergner & Özkan Wedel
Sehr interessanter und fundierter Artikel!
Auch, wenn in den Kommentaren zu solchen Artikeln zur Rechtslage naturbedingt nicht viel los ist, heißt das nicht, dass sie nicht spannend wären. Es gibt nur eben nichts mehr hinzuzufügen.
Bitte weiter so!
Dessen sind wir uns bewusst, wenn auch der nächste Artikel in dieser Kategorie „aus der Reihe tanzen“ dürfte. ?
Ich schließe aus den bisherigen Kommentaren, dass der Inhalt dieses Artikels verständlich bzw. nachvollziehbar ist. Sollte dem nicht so sein, freue ich mich über entsprechendes Feedback.
Hallo,
bitte mehr von solchen Artikeln. Auch wenn diese ziemlich trocken sind, ist es dennoch interessant zu wissen, wo überall das Internet Einfluss in unserem Leben hat.
Besten Dank.
Ja, seh ich genauso! Danke dafür 🙂
Sehr interessant, danke und bitte mehr davon!