Auf dem letzten Hard- und Softwareevent unter dem Motto ‚Learn what’s next‘ hat Microsoft die neue Betriebssystemedition Windows 10 S vorgestellt. Das Konzept hinter Windows 10 S ist einfach: Dadurch, dass nur von Microsoft geprüfte Anwendungen ausgeführt werden können, bietet das Betriebssystem mehr Sicherheit als beispielsweise Windows 10 Home und Pro.
Als angenehmen Nebeneffekt bleibt langfristig die Performance der Geräte gleich, behauptet Microsoft. Aus Mit einem ähnlichen Konzept, Windows RT, sind die Redmonder allerdings bereits in der Vergangenheit gescheitert. Was Microsoft aus seinen Fehlern gelernt hat und was das Unternehmen unserer Meinung noch verbessern kann, möchten wir in diesem Artikel aufzeigen.
Zielgruppe
Anders als bei Windows RT, möchte Microsoft mit Windows 10 S vor allem den Bildungssektor erreichen. Diese Entscheidung haben die Redmonder aus mehreren Gründen getroffen: Windows 10 S punktet aufgrund einiger Beschränkungen vor allem durch hohe Sicherheit und leichte Verwaltung. Da Schulen meistens auf sehr günstige Hardware angewiesen sind und die Schüler keinen Unfug mit der schulinterner IT treiben sollen, wären zwei wichtige Kriterien bei der Auswahl des Betriebssystems erfüllt. Um die Beliebtheit auch in Studentenkreisen zu sichern, liefert Microsoft mit dem Surface Laptop das Windows 10 S „It-Piece“ schlechthin. Der Schritt, ein so teures Gerät wie den Surface Laptop nur mit einer eingeschränkten Version von Windows auszuliefern, löste in vielen Medien heftige Kritik aus. Im Grunde macht Microsoft aber alles richtig, um die Popularität von Windows 10 S zu steigern.
Entwickler
Ein weiterer Fortschritt gegenüber Windows RT ist die Attraktivität für Entwickler. Gemeint ist damit allerdings nicht das Betriebssystem, sondern die einzige Bezugsquelle für Anwendungen: Der Windows Store. Microsoft hat Windows 10 S mehrere Wochen vor Release der Hardware angekündigt und den Entwicklern so die Zeit gelassen, direkt zum Start der neuen Geräte im Windows Store vertreten zu sein. Wer nicht im Windows Store vertreten ist, geht das Risiko ein, nicht im Bildungssektor vertreten zu sein und für viele Desktop-Programme ist der Verkauf von Volumenslizenzen eine sehr wichtige Einnahmequelle. Ohne dem Wissen, wie erfolgreich Windows 10 S tatsächlich wird, was vor allem von Microosofts Marketing-Anstrengungen abhängen wird, ist es schwierig, das Risiko einzuschätzen, die eigene Anwendung nicht in den Store zu bringen.
Diese Chance haben schon große Namen wie Apple, Spotify und Soundcloud genutzt. Umgekehrt steigert Microsoft so die Bekanntheit des Windows Stores, wo man nun auch wirklich brauchbare Anwendungen für den Desktop bekommt. Mit zunehmender Anzahl an Anwendungen im Store werden auch die Erwartungen der Nutzer lauter, welche die vereinfachte Installation- und Update-Politik im Windows Store fordern.
Zwei UWP-Schritte zurück
Die derzeitige Entwicklung im Windows Store ist allerdings nicht nur erfreulich: Nahezu alle großen Namen haben bis jetzt einfach ihre Desktop-Programme in den Store gestellt. Microsofts Universal Windows Platform (UWP) wird dadurch nicht gestärkt, im Gegenteil. Während man sich die Diskussion über die Sinnhaftigkeit von iTunes als UWP auf Windows Phone wohl schenken kann, hätte eine Universal App von Spotify durchaus ihre Daseinsberechtigung. Die Windows 10-Plattform profitiert nicht davon, nur der Desktop und Windows 10 S. HoloLens, Xbox One, Windows 10 Mobile und alle anderen neuen Windows-Formfaktoren haben von den Desktop-Apps allerdings nichts.
Microsoft macht es aber vorerst richtig und ist darum bemüht, neue Entwickler zu gewinnen. Ein guter Anfang wäre noch, die eigenen Store-Richtlinien zu lockern. Andere Browser-Engines wären ein großer Schritt, allerdings will Microsoft eher die Konkurrenz verbieten als sich mit Edge von ihr abzuheben.
Microsoft muss mit gutem Beispiel vorangehen
Für zukünftige Geräteklassen, wie beispielsweise Holo Lens, spielen Universal-Apps eine tragende Rolle. Microsoft sollte mit gutem Beispiel vorangehen, um Entwicklern die UWP-Entwicklung schmackhaft zu machen. Weiterhin ist die Meinung weit verbreitet, Apps am Desktop seien hochskalierte und unpraktische Smartphone-Programme. Mit diesem Image muss Microsoft aufräumen durch die Entwicklung leistungsfähiger, brauchbarer Universal Apps.
Microsoft muss nicht nur versuchen, andere Entwickler dazu zu bringen, ihre Anwendungen in den Windows Store zu bringen, sondern diese Philosophie selbst leben. Edge ist aus unklaren Gründen weiterhin nicht im Windows Store zu finden, würde er doch durch die schnelleren Updates enorm davon profitieren können.
Die Unterscheidbarkeit
Mit Windows 10 S machen die Redmonder allerdings schon vieles richtig. Es ist ein erster, guter Schritt. Durch ein anderes Standard-Wallpaper unterscheidet sich Windows 10 S schon optisch von den anderen Versionen und das ist, was viele Konsumenten sehen und verstehen können. Diese Unterscheidung ist wirklich wichtig, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Viele Mensche kannten den Unterschied zwischen Windows 8 und Windows RT nicht, da dieser zu wenig kommuniziert wurde. Es entstand der Eindruck, Windows 8 sei „kein volles Windows“ und die Nutzer fürchteten die Kacheloptik.
Das Windows 10 S Paradoxon
Dieselbe Gefahr droht allerdings auch bei Windows 10 Home / Pro und Windows 10 S. Microsoft sagt, Windows 10 S sei das schnellste, sicherste und effizienteste Windows 10. Doch was sagt das über die anderen Editionen Home und Pro aus?
Aus technischer Sicht rein gar nichts, denn Windows 10 S ist genauso effizient und schnell wie eine frische Windows 10 Home-Installation. Was Windows 10 S allerdings abhebt, ist die Tatsache, dass im Hintergrund keine Desktop-Programme laufen, die das System verlangsamen könnten.
Fazit: Wird Windows 10 S das Windows RT 2.0?
Ob sich Windows 10 S gut entwickeln und etablieren wird, kann uns nur die Zeit zeigen. Allerdings stehen die Chancen dafür gut, sollte Microsoft das System tatsächlich gegenüber Bildungseinrichtungen vermarkten.
Windows 10 S hat eine klare Zielgruppe und eine reale Daseinsbereichtigung. Die Redmonder differenzieren das Betriebssystem deutlich von den anderen Versionen, ein großer Schritt seit Windows RT. Es gibt attraktive Hardware mit Windows 10 S und als Nutzer ist man dennoch nicht gefangen mit dem System. Bis Ende dieses Jahres ist das Upgrade auf Windows 10 Pro kostenlos möglich und nach dieser Zeit sollte sich der Windows Store auch langsam gefüllt haben.
Insgesamt lässt sich also sagen, dass Windows 10 S auf einem guten Weg ist. Das System birgt aber eine große Gefahr für die Windows 10 Universal Plattform, aber aus den Fehlern seit Windows RT hat das Unternehmen sichtlich gelernt.