Hardware

Windows Mixed Reality – Braucht die Welt eine dritte VR-Plattform?

„Ich habe nicht verstanden, warum die Welt ein drittes Smartphone-Ökosystem brauchte.“

Dieser Satz von Microsoft-Chef Satya Nadella ist vielen Windows Phone-Fans sehr gut in Erinnerung geblieben. „Es war zu spät, um den Boden gut zu machen, den wir verloren hatten.“ Mit diesen Worten erklärt der langjährige Microsoft-Mitarbeiter in seinem Buch Hit Refresh seine Entscheidung, komplett aus dem Smartphone-Geschäft auszusteigen. Er fügt dann aber hinzu:“Außer man ändert die Regeln…“ und vielleicht arbeitet Microsoft daran, mit einem außerordentlich innovativen Produkt, das Smartphone zu revolutionieren, aber das ist deutlich leichter gesagt als getan. Nadellas bisherige Bilanz im mobilen Markt zählt eher wenige Erfolge, dafür aber einen schweren Bruch mit Millionen treuen Endkunden, wo sehr viel Vertrauen verloren gegangen ist.

Satya Nadella dauerte die Aufholjagd auf Apple in Google im Smartphone-Bereich zu lange. Er schreibt, man habe nur die Rücklichter der Konkurrenten verfolgt und er glaubte offenbar nicht an eine Chance, sie noch einzuholen. Obwohl Windows Phone in einigen Ländern vor allem mit den günstigen Geräten durchaus Erfolge verzeichnen konnte und in Europa ebenfalls durchaus gut vertreten war mit zweistelligen Marktanteilen, war diese Nische Nadella nie genug. Der dritte Platz reichte nicht.

Windows Mixed Reality – Ist Dritter sein zu wenig?

Jetzt befindet sich Windows Mixed Reality schon fünf Monate nach dem Release in der ersten schweren Phase. Auf knapp über fünf Prozent Marktanteil kommen die VR-Headsets der unterschiedlichen Hersteller, was zwar ein beachtliches Wachstum ist, doch dieses scheint nun zu stagnieren. Von Januar auf Februar stieg der Marktanteil nur um 0,2 Prozent.

Und das obwohl namhafte PC-Hersteller die VR-Headsets einerseits zu günstigeren Preisen als Oculus und HTC anbieten und diese auch in Bundles mit eigener Gaming-Hardware verkaufen. Der erste Ansturm auf die Headsets kam und die Nachfrage hat sich wieder gelegt. Wer ein WMR-Headset wollte, hat nun eines. Allzu viele Interessenten, die man wohl eher auch als Enthusiasten bezeichnen kann, waren es wohl nicht.

Nun hat Windows Mixed Reality trotz Microsofts Bemühungen sein Ziel klar verfehlt und ein ähnliches Problem, das auch Windows Phone einst hatte: Man kann die breite Masse nicht ansprechen. Windows Mixed Reality sollte VR-Headsets für den durchschnittlichen Gamer zugänglich machen. WMR ist aber weder lauffähig auf jener Hardware, die Microsoft ursprünglich anvisiert hatte (Intel HD GPUs), noch sind sie wirklich günstiger als die Konkurrenz, denn Oculus und HTC haben natürlich auf die Preise reagiert und zudem herrscht einige Verwirrung über die Kompatibilität der Headsets mit Games aufgrund der nachgereichten Unterstützung für SteamVR. Als Kunde greift man dann doch eher zu den etablierten beiden Ökosystemen, Android und iOS… ähm natürlich Oculus und Vive. Erkennt ihr das Muster?

Erste Händler nehmen WMR-Headsets aus dem Sortiment

Und das zeigt sich auch bei den Marktanteilen, denn Oculus konnte von Januar auf Februar den Nutzungsanteil auf Steam um 1,2 Prozent erhöhen. Und das obwohl die Händler im selben Zeitraum die Preise für Windows Mixed Reality deutlich gesenkt haben. In den USA wird HPs Headset für läppische 222 US-Dollar angeboten (umgerechnet 180 Euro zzgl. Steuern) und der Dell Visor ist mit 253 US-Dollar nur unwesentlich teurer. Wer denkt, das klingt nach Abverkauf, liegt absolut richtig.

Der größte britische Elektronikhändler Currys hat nämlich die Windows Mixed Reality-Headsets kürzlich komplett aus dem Sortiment gestrichen. Sie dürften sich wohl einfach nicht allzu gut verkauft haben. Oculus Rift und HTC Vive werden aber weiterhin angeboten.

Nicht nur Kunden scheinen die Plattform bislang eher zu meiden, sondern auch Entwickler haben deswegen schlichtweg keine Notwendigkeit, für diese Plattform zu entwickeln. Das liegt laut einem Entwickler nicht daran, dass man die Titel nicht portieren könne, sondern ganz einfach daran, dass es keine Nachfrage gibt.

Windows Nixed Reality?

Die Parallelen zu Windows Phone sind unverkennbar. Es fehlt die Akzeptanz durch die breite Masse an Kunden, während Enthusiasten durchaus begeistert sind. Entwickler sehen aber keine wirkliche Notwendigkeit dafür zu entwickeln aufgrund des geringen Marktanteils. Irgendwann (und damit meinen übrigens keine Zeitspanne von mehreren Monaten) sehen auch andere Hersteller nicht mehr ein, weshalb sie mit eigener Hardware dieses Ökosystem vorantreiben sollten und Microsoft steht am Ende wieder alleine da. Ein Teufelskreis, den Microsoft all zu gut kennen dürfte.

Xbox – Letzte Chance für WMR

Sofern Microsoft am Desktop-Markt keine sehr überraschende Trendwende schafft, hat das Unternehmen dennoch eine wirklich gute Chance, die Headsets doch noch zum Erfolg zu verhelfen. Und das unterscheidet Windows Mixed Reality noch von Windows Phone. Hierzu müsste das Unternehmen ein umfangreiches VR-Angebot mit exklusiver Kompatibilität mit Windows Mixed Reality-Headsets auf der Xbox One schaffen. Neben erschwinglichen Konsolenbundles, müsste man aber auch dringend daran arbeiten, die Headsets wohzimmertauglich zu machen, idealerweise über einen kabellosen Übertragungsstandard. Würde man daneben auch einen „TV-Modus in Windows 10“ einbauen, könnten auch andere PC-Hersteller eigene Wohnzimmer-Konsolen mit Windows 10 anbieten. Windows Mixed Reality könnte so mehr bieten als Oculus und HTC und dank der PC-Kompatibilität und des Store-Ökosystems mit Xbox PlayAnywhere sowie dem Game Pass auch etwas mehr als PlayStation VR. Erst, wenn man all diese Ideen in den Sand setzt, sollte Microsoft darüber nachdenken, das Handtuch zu werfen.

Microsoft kämpft auch im Virtual Reality-Bereich eine schwere Schlacht gegen zwei etablierte Konkurrenten. Am Smartphone-Markt reichte Platz drei dem Unternehmen nicht. Vorerst wird man sich im VR-Bereich aber damit anfreunden müssen, außer man möchte auch hier überhastet das Feld räumen.

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"Entdeckung besteht darin, den gleichen Gegenstand wie alle anderen zu betrachten, sich aber etwas anderes dabei zu denken."
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