Das Lenovo Miix 630 ist eines der wenigen Windows 10 ARM-Geräte, die in Deutschland auf dem Markt sind. Es verfügt über ein 12,3-Zoll FullHD-Display mit Stiftunterstützung, über ein Tastatur-Cover und einen Kickstand. Und es war in den letzten 6 Monaten mein treuester mobiler Begleiter.
> Lenovo Miix 630 für 399 Euro kaufen
Es ist also wie ein Surface Pro. Also, nicht so ganz. Die Besonderheit am Lenovo Miix 630 ist einerseits der Prozessor, andererseits das System. Es basiert auf einem Qualcomm Snapdragon 835 Smartphone-Prozessor und läuft mit Windows 10 ARM.
Warum dieser Artikel?
Vorgestellt wurde das Lenovo Miix 630 im Januar 2018. In Deutschland kam es im August 2018 auf den Markt für 999 Euro. Ich brauche hier nicht wohl nicht allzu oft erwähnen, dass das maßlos überteuert war. Erst jetzt senken einige Händler vereinzelt die Preise, immerhin ist es alte Hardware.
Der Händler Computeruniverse will seinen Vorrat an Windows 10 ARM-Tablets momentan am schnellsten leeren und bietet das Tablet schon für 449 Euro an. Entsprechend bekomme ich vermehrt Emails, Instagram-Nachrichten und YouTube-Kommentare dazu. Ist es den Preis jetzt wert? Klare Antwort: Ja, absolut!
Die Frage, die besonders in meiner Verwandtschaft gerne gestellt wurde, bezieht sich auf die Apple-Alternativen. Man sucht nach sehr ausdauernden, mobilen Tablets für die Schule und Uni. Man hat sich im Grunde bereits für ein iPad entschieden, hofft aber von mir auch einen brauchbaren Input zu bekommen. Wer ein iPad (2018) kaufen will, ist unter Umständen mit dem Lenovo Miix 630 besser bedient.
Diese Umstände treffen für meine Arbeitsweise eines mobilen Geräts jedenfalls zu. Und diese möchte ich im heutigen Artikel etwas genauer erläutern.
Windows 10 ARM: Der System-Vorteil
Windows 10 ARM klingt für den unerfahrenen Normalverbraucher bereits etwas verdächtig. Was ist der Unterschied zu Windows 10? Aus dem Grund werde ich möglichst technische Begrifflichkeiten vermeiden, welche unsere WindowsArea.de-Kernleserschaft im Regelfall verinnerlicht hat.
Windows 10 ARM ist genauso wie Windows 10. Es sieht genauso an wie Windows 10, verhält sich genauso wie Windows 10, lässt euch all eure Programme ausführen wie Windows 10 und installiert dieselben Updates wie Windows 10.
ARM bezeichnet dabei nur den Prozessor, welcher nicht traditionell in PCs eingesetzt wird, sondern wie eingangs erwähnt vorrangig in Smartphones oder auch im iPad. Viele (die meisten) bekannten Windows-Desktop-Programme sind noch nicht für diese Prozessoren optimiert worden. Sie laufen daher in Emulation, so ähnlich wie die Xbox One alte Xbox 360-Spiele ausführt. Sie können aber ausgeführt werden und die meisten kleinen Programme laufen auch sehr ordentlich.
Photoshop-Notfall? Man sollte nicht, aber man kann
Das sind aktuell Programme wie Chrome, Photoshop, Spotify, winRAR und generell so gut wie jede Anwendung, die ihr aus dem Internet ladet. Der Microsoft Store bietet aber einerseits viele Alternativen, andererseits wird auch Microsoft Edge bald zu Chrome.
Muss ich nun aber unbedingt kurz Chrome ausführen oder brauche ich winRAR statt einer AR-kompilierten Alternative (8zip), dann kann ich diese unter Windows 10 ARM nutzen. Sollte ich? Eher nicht. Das Photoshop-Beispiel ist übertrieben, aber grundsätzlich läuft Photoshop CC 2018, was man vom iPad (Pro) nicht behaupten kann. Für einfache Aufgaben, ist es sogar durchaus nutzbar.
Wir hatten aber hierzu einen ganz ausführlichen Artikel sowie auch ein Video, das wir oben für euch eingebettet haben. Wenn aber Photoshop, Chrome und andere Programme irgendwann für ARM optimiert werden, dann werden sich diese Programme darauf genauso verhalten. Firefox hat zum Beispiel schon mit der Arbeit daran begonnen und andere Anbieter werden mit Sicherheit im Laufe der Zeit folgen.
Hallo, Drucker! Salve USB-Stick! On chanté, Projektor, SD-Karte, …
Erinnert ihr euch an die Apple-Werbung mit Mac vs. PC? An diesen Spot, wo der Mac plötzlich japanisch kann und mit einer Kamera aus Japan redet? Beim Lenovo Miix 630 und dem iPad (Pro) ist es genau umgekehrt!
Das iPad ist nämlich unglaublich begrenzt, wenn es um den Anschluss von Kameras und anderen Speichermedien geht. Fotos und Videos von einer Kamera können über einen entsprechenden Adapter übertragen werden, aber auch nur dann, wenn die Fotos auch im „DCIM“-Ordner liegen. Meine kompakte Nikon Systemkamera nennt die Ordner irgendwas mit „100NIKON“ und das iPad oder iPad Pro findet schon keine Medien auf der SD-Karte. Das iPad und Pad Pro lässt auf diese Weise übrigens nichts außer Fotos und Videos importieren. RAW-Dateien, die Lightroom kennt aber die Fotos-App nicht? Keine Chance. Diese findet das iPad auf eurer SD-Karte schlichtweg nicht.
Gibt euch ein Uni-Kollege einen USB-Stick, könnt ihr damit selbst mit einem entsprechenden Adapter rein gar nichts anfangen. Wenn darauf Office-Dokumente, PDFs, Programmcode oder was auch immer ist, wird sie das iPad (Pro) einfach nicht anzeigen. Es geht einfach nicht. Dasselbe gilt für ältere Drucker, mit denen das iPad und iPad Pro nichts anfangen kann. Das iPad Pro unterstützt zwar externe Monitore, aber passt das Seitenverhältnis nicht an. Das normale iPad will mit externen Displays überhaupt nichts zu tun haben.
Windows Explorer: Ein echter Dateimanager
Windows 10 ARM ist also Windows. Aktuell mit einer kleinen Programm-Krücke. Ein sehr großer Vorteil des Lenovo Miix 630 gegenüber dem Apple iPad und iPad Pro ist allerdings auch der Dateimanager.
Eingangs einmal der erste Vorteil: Windows erlaubt das Entpacken und Verpacken von ZIP-Dateien nativ ohne weitere Apps und ohne Umwege über eine Vollbild-App. Ich kann nicht genug Zeit damit verschwenden, zu beschreiben, wie viel müheloser das Öffnen einer ZIP-Datei unter Windows ist als beim iPad.
Der Windows Explorer erlaubt nämlich nicht nur einen ordentlichen Zugriff auf eure Downloads, sondern zeigt jedes Dateiformat an, egal, ob diese nun von einem USB-Stick, einer SD-Karte oder von einem Download aus dem Netz stammen. Selbst dann, wenn Windows ganz und gar nichts mit der Datei anfangen kann, könnt ihr diese weiterschicken oder irgendwo hochladen.
Multitasking: Windows hat Fenster
Das normale iPad (2018) unterstützt gleichzeitig höchstens zwei Apps am Display mit Split View und Slide Over. Mit Split View hat Apple das Multitasking-Feature von Metro Windows 8-kopiert und 6 Jahre nach dem Release von Windows 8 sind wir uns wohl einig, dass das zweifellos ein Rückschritt zum traditionellen Windows-Fenster war.
Aus dem Grund unterstützt auch das Lenovo Miix 630 mit seinen mächtigen 8 Gigabyte Arbeitsspeicher (das 2018er iPad hat 2GB) schönes, flüssiges Multitasking mit so vielen Fenstern, wie ihr am 12,3-Zoll Display nutzen könnt. Bei mir laufen Microsoft Edge, FeedLab, der Windows Explorer, Telegram und Microsoft To-Do während des Schreibens dieses Artikels. Ich kann jederzeit schnell mit dem sehr guten Touchpad, das wie ein MacBook auch Gesten unterstützt, oder über den Touchscreen die Apps wechseln. Ich muss vor allem zum Entpacken einer ZIP-Datei nicht meine gesamte Arbeit für die Dauer dieses Vorgangs pausieren.
Lenovo Miix 630: Der Hardware-Vorteil
Das günstigste iPad Pro der ersten Generation (von 2015!) beginnt bei 549 Euro ohne Tastatur und ohne Stift. Das Lenovo Miix 630 kostet momentan 449 Euro mit Tastatur und mit Stift. In Wahrheit kann sich nur das 2018er iPad preislich mit dem Lenovo Miix 630 messen, wofür es übrigens keine offiziellen Tastaturen gibt.
Preis: LTE und Speicher
Wollt ihr denselben Speicher am iPad (2018) haben wie beim Lenovo Miix 630, nämlich 128 Gigabyte, müsst ihr mindestes 390 Euro berappen. Wollt ihr dann auch noch LTE haben, bezahlt ihr nur für das iPad (2018) ohne jegliches Zubehör stolze 510 Euro. Übrigens immer noch mit 2 Gigabyte RAM, ohne Tastatur und Stift, weiterhin ohne echten Support für externe Speichermedien, Displays, USB-Drucker und echtes Multitasking.
Touchpad
Eine Sache, die mich persönlich bei der Nutzung eines iPads als meinen Arbeitscomputer sehr stört, ist das Fehlen von Touchpads. Genaugenommen unterstützt das iPad keine externe Maus. Man tippt bei diesen Tastaturen also am Display rum und kämpft vor allem bei günstigeren Modellen regelmäßig mit einem kippenden Tablet. Es ist im Alltag einfach kein Genuss, ein iPad als Computer zu bedienen und selbst am iPad Pro ist das Fehlen eines Touchpads an der Tastatur ziemlich ärgerlich. Man will beim Bearbeiten von Texten nicht die ganze Zeit am Display zwischen die Buchstaben tippen müssen. Es mag ein keines Ärgernis sein, das ich am Lenovo Miix 630 mit Windows 10 ARM allerdings nicht habe.
Akkulaufzeit
Apple verspricht beim iPad (2018) sowie beim ersten iPad Pro eine Laufzeit von bis zu 10 Stunden, wo ihr in Wahrheit nicht hinkommt. Ja, beim Netflix-Streaming, aber nicht als Arbetsgerät.
Lenovo nennt 20 Stunden beim Lenovo Miix 630 beim Netflix-Streamen, wenn auch zugegeben eher 14 bis 16 Stunden real sind. Dennoch ist das Windows 10 ARM-Tablet im Alltag deutlich ausdauernder und vor allem bei wenig anspruchsvollen Aufgaben wie dem Surfen im Web mit wenigen Tabs, Betrachten von Filmen oder Lesen von News schafft man auch die 18 Stunden-Marke.
Wenn ihr in der Uni wirklich aktiv mitschreibt in OneNote, solltet ihr eher auf die 14 Stunden kommen, aber da werdet ihr beim iPad auch die 10 Stunden nicht ansatzweise erreichen. Werte rund um die 6 bis 7 Stunden sind hier realistisch, besonders in Verbindung mit einer externen Bluetooth-Tastatur.
Schlusswort: Einseitig, aber wahr
Zweifellos habe ich in diesem Vergleich meine persönliche Sicht der Dinge geschildert, was auch im Artikel klar werden sollte. Sehe ich das iPad deshalb als schlecht oder unbrauchbar für die Arbeit unterwegs an? Nein, keinesfalls. Besonders aufgrund des App-Ökosystems kann man am iPad Pro durchaus auch arbeiten.
In diesem Artikel geht es allerdings um den Spezialfall des Lenovo Miix 630, das für einen Preis von 450 Euro ein gutes Gesamtpaket aus Desktop-Software und Hardware zum mobilen Arbeiten bietet. Dieses Gesamtpaket sehe ich als überlegen an gegenüber einem iPad, das ähnlich viel oder geringfügig mehr kostet.
In Wahrheit dient der Artikel dazu, das Benutzererlebnis der beiden Geräte ein bisschen mit einander zu vergleichen und Apples Marketing in die Schranken zu weisen. Ein Computer kann eine PDF-Datei von einem USB-Stick lesen. Ich sehe nämlich viele Käufer, die statt eines Windows 2-in-1 zum iPad greifen und dann eben manche selbstverständliche PC-Features vermissen.
Windows 10 ARM bietet mit dem heutigen Stand eine solide Brücke, wo man zu guten Preisen für den mobilen Alltag ausreichend schnelle Hardware bekommt mit Akkulaufzeiten, wo auch iPads nicht mithalten können und einem System, das der Produktivität nicht regelmäßig im Weg steht.
Ich habe gerade das Miix 630 für 399,- bei NBB erstanden. Die Hardware überzeugt mich restlos bis auf eine fehlende Ladvorgangs-/Ladezustands-LED.
Sw-seitig bin ich aber noch sehr skeptisch, sodass ich das Gerät wohl wieder zurück schicken werde: Bei der Auslieferung war von S-Mode nichts zu erkennen, sondern Win 10 pro 1709. Am ersten Tag vorige Woche hat das Gerät selbständig auf 1803 upgedated, seitdem nichts mehr, weder 1809 geschweige denn 1903. Manuelle Upgradeversuche werden mit Kompatibilitätsfehlermeldungen abgebrochen, manche x86-Programme lassen sich nicht installieren. Ich hatte mal ein Dell xps 12, auch super Hw, aber Windows RT, ein einziges Fiasko. Deshalb geht das Miix wohl schweren Herzens zurück, es sei denn, jemand hätte Rat zu den Funktionsupgrades. Ich finde sonst nichts brauchbares dazu im Netz.
Endlich mal ein vernünftiger Bericht zu dem Gerät. Macht wirklich Sinn es mit einem IPad Pro zu vergleichen. Gaz starkes und sehr unterschätztes mobiles 2-in-1
Sehr interessanter Artikel. Was ich mich frage ist, ob man eine Antivirus Software benötigt? Ja, ich weiß – der Defender ist mittlerweile schon sehr gut, trotzdem würde mich die Antwort interessieren.
Interessant.
Ich brauche langsam mal einen leichten mobilen Nachfolger für meinen „Klassiker“ (Surface Pro 1). Das neue Gerät sollte allerdings nicht nur leicht sondern auf zukunftsfähig sein. Windows 10 ARM ist wieder so eine Sache… ?
Insgesamt gibt’s zu wenig LTE-Geräte mit Windows. Ich hoffe da passiert bald mal was
.
?
Wie läuft Spotify auf dem Gerät? Kann man die Performance eher mit einer Atom-CPU oder eher mit einem Core-M im Browser usw. vergleichen? Bin am Überlegen ob ich damit mein altes 3770 Atom Tablet ersetze, das ist mittlerweile seeehr lahm geworden.
Übrigens ist es gerade bei notebooksbilliger.de sogar für 399 € zu haben mit Stift, Tastatur und 128 GB.
im Browser eher mit einem alten Core m. Spotify läuft eigentlich sehr gut, nur würde ich die Hintergrundaufgaben der App deaktivieren.
Der Artikel wäre super gewesen als das Gerät bei notebooksbilliger für 399€ rausgehauen wurde.
Was es im übrigen schon im Netzt nativ für ARM gibt: VLC, Firefox, Notepad ++, 7Zip
Was hat sich eigentlich seit deinem ersten Review getan in Sachen Alltagsperformance?
Dein Artikel hier macht auch klar was Apple bei iOS noch zu tun hat. Sie brauchen einen vernünftigen Dateimanager und einen Desktopmodus inklusive Fenster. Mit dem USB-C Anschluss geht es was Kompatibilität angeht sicher in die richtige Richtung. Wenn Apple das hinbekommt hätten sie das perfekte Consumer OS für 2in1 Geräte/ Tablets. Und eine Dockingstation fürs iPhone wäre natürlich auch immer möglich wenngleich unwahrscheinlicher. Bis dahin bleibt iOS zwar ein tolles OS aber eben eine produktive Krücke mit viel Potential.
iOS bleibt immer ein Medienkonsum-Betriebssystem. Apple will das auch gar nicht anders, denn man will sich selbst ja keine Konkurrenz machen. Für produktives Arbeiten soll der Anwender dazu gezwungen sein, ein MacBook zu kaufen. Das ist eben so gewollt. Sobald man im Apple Ökosystem eingefangen wurde, soll man gefälligst immer weitere möglichst teure Hardware von Apple für jedes weitere Bedienszenario kaufen. So stellt Apple sich das vor: iPhone für Social Networking, Apple Watch für Benachrichtigungen, iPad fürs Sofa, Apple TV für Medienstreaming, iPad Pro für Skizzen, MacBook für Office-Arbeiten unterwegs, iMac für Office-Arbeiten am Schreibtisch. Am besten soll jeder Anwender jeweils den gesamten Gerätepark kaufen. Künstliche Einschränkungen der Geräte und Abschottung gegen Geräte anderer Ökosysteme in Software und Hardware ist Absicht. Das ist eben Apples Geschäftsmodell. Multifunktion und Offenheit würde dem Geschäftsmodell entgegen laufen.
Sehr treffend zusammengefasst!
Gibt es irgendwo eine Übersicht über nativ für die ARM CPU kompilierte Anwendungen? Filtern im Store is ja meines Wissens nach leider nicht möglich
Unter anderem alle UWP Apps.