Microsoft Surface

Retro Review: Microsoft Surface RT sechs Jahre später

Das Microsoft Surface RT ist ein hervorragendes Beispiel für Glück im Unglück. Es ist für Microsoft wohl zum Synonym geworden für Erfolg im Misserfolg, für das Erreichen seiner Ziele durch Entschlossenheit, Hunger nach Innovation und Initiative. Gleichzeitig ist es aber ein Beispiel für das Microsoft geworden, das Early Adopter und seine Fans für das Vertrauen in den Konzern bestraft.

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Die letzten Wochen habe ich einen genauen Blick auf mein altes Surface RT geworfen und es mal richtig getestet. 2013 habe ich noch gutes Geld dafür bezahlt und in Wahrheit lag es seitdem die längste Zeit in Schubladen. Ich wollte einerseits sehen, wie unbrauchbar die Hardware im Jahr 2019 tatsächlich ist. Andererseits interessiert mich, was ich aus der Nutzung des originalen Windows on ARM lernen und welche Rückschlüsse ich daraus auf die Zukunft von Windows 10 ARM schließen kann. Deshalb habe ich das Surface RT genauso getestet wie jeden anderen Laptop, den wir hier bei WindowsArea.de in die Finger kriegen.

Surface RT Test – Verarbeitung und Design

Das Microsoft Surface RT ist wie auch die heutigen Tablets und mittlerweile sogar Laptops von Microsoft in ein schwarzes VaporMg-Gehäuse gehüllt. Da Microsoft allerdings damals eine hauchdünne schwarze Lackierung für das Magnesium-Gehäuse genutzt hat, blättert die Farbe leicht ab. Besonders an den Ecken des Kickstands geht der Lack schnell runter. Mit dem Surface RT 2 hat Microsoft dann ganz auf die schwarze Lackierung verzichtet und es ab dann bis zum Surface Pro 6 nur noch im natürlichen silbergrauen Farbton des Gehäusematerials angeboten. Übrigens nutzt Microsoft beim Surface Pro 6 und Surface Laptop 2 heute ein deutlich robusteres Lackierungsverfahren mit mehreren Schichten, womit der Lack deutlich schwerer runtergeht. Aber er tut es eben leider doch.

Das Design des Surface RT ist aber auch nach modernen Standards noch durchaus schön. Der Display-Rand ist unwesentlich größer als beim Surface Go, die Verarbeitung ist unglaublich solide und der Kickstand funktioniert wie am ersten Tag. Die Hardware des Geräts generell ist mit Ausnahme der Kratzer einwandfrei. Nicht ein Knopf ist locker, nicht ein Anschluss defekt und das nach 6 Jahren.

Auch der Kickstand ist nicht abgebrochen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie Panos Panay 2012 noch ganz begeistert sagte, dass man den Kickstand bewusst so gebaut hat, dass er beim Auf- und Zugklappen ein zufriedenstellendes Geräusch macht. Der heutige Surface-Chef verglich es damals mit dem Schließen einer Autotür bei einer Luxus-Karosse. Dieses Gefühl hat das Surface RT zweifellos über die letzten 6 Jahre behalten. Das können die neuen Surface-Tablets einfach nicht ganz so gut, weil es dort erfreulicherweise mehr als einen Kickstand-Winkel gibt. Der eine Kickstand-Neigungswinkel hat sich zum Glück nicht durchgesetzt. Er ist für das Arbeiten am Schreibtisch gut und im Schoß noch in Ordnung, solange man aber das Type Cover hat. Was ich nicht tue.

Abgesehen von der Farbe, des Kickstands mit nur einem einzigen Neigungswinkel sowie dem Windows 8-Logo auf der Rückseite, könnte man aber äußerlich durchaus glauben, es sei ein modernes Surface. Der Surface-Formfaktor, sprich Tablet mit Kickstand und abdockbarer Tastatur, ist einfach ein funktionierendes Konzept, das keiner weitreichenden Verbesserung bedarf.

Surface RT Test – Display

Das Microsoft Surface RT verfügt über ein 10,1-Zoll großes IPS Touch-Display mit WXGA-Auflösung, sprich 1.366 x 768 Pixeln. Obwohl ich finde, bei einer Display-Größe unter 11-Zoll ist das gerade noch ausreichend für heutige Standards, sind Elemente im Web bei den meisten Seiten einfach enorm. Es ist einfach kein gutes Benutzererlebnis, das Internet mit einer derart geringen Auflösung zu benutzen.

Ansonsten ist das Display aber ganz gut. Die Farbdarstellung ist in Ordnung, wenn auch bei Weitem nicht derart brillant wie bei den heutigen High-End-Geräten des Unternehmens. Es ist ein IPS-Display, womit zumindest die Blickwinkelstabilität passt. Dabei handelt es sich auch um einen Touchscreen, welcher allerdings merkbar schwächer ist als bei heutigen Displays. Er reagiert schlichtweg nicht derart zuverlässig und schnell, aber ist für die alltägliche Bedienung noch gut genug.

Stiftunterstützung bietet das erste Surface RT übrigens nicht. Ein weiterer Unterschied zu heutigen Geräten besteht darin, dass das Seitenverhältnis des Displays bei der ersten Generation noch 16:9 und nicht 3:2 war. Die Helligkeit ist übriges ziemlich schwach und somit für den Einsatz draußen in Wahrheit ungeeignet.

Surface RT Test – Touch Cover

Das Surface RT sollte ursprünglich mit dem Touch Cover verkauft werden, während für das Surface Pro 1 das Type Cover gedacht war. Das Touch Cover war ein Touch-basiertes Tastatur-Cover, das keine echten Tasten bot. Stattdessen gab es nur ein auditives Feedback beim Tippen der Touch-Tasten. Man kann lernen, damit zu tippen und man kann am Schreibtisch auch recht zuverlässig damit schreiben. Für das Arbeiten würde ich es allerdings nicht nutzen. Es ist eine Qual.

Besonders am Schoß reagiert das Touch Cover nicht immer, weil man die Tasten senkrecht mit dem Finger berühren muss. Das ist einfach unrealistisch, unkomfortabel und im Alltag in Wahrheit unbrauchbar. Für kürzere Texte, die eine oder andere Email oder zum Eingeben einer Adresse im Browser reicht es. Für längere Arbeiten möchte ich es nicht nutzen.

Surface RT Test – Software & Performance

Mit dem Microsoft Surface RT gab es noch eine ganz interessante Hardware-Situation bei Microsoft, wo das Unternehmen noch ausschließlich auf Prozessoren aus dem Hause Nvidia setzte. Die ARM-Prozessoren des bekannten Grafikkarten-Herstellers waren allerdings ihren Qualcomm-Gegenstücken stets unterlegen. Der Nvidia Tegra 3-Prozessor war schon zu Release des Geräts nicht mehr ganz aktuell und kombiniert mit den 2 Gigabyte RAM waren viele besonders Javascript-lastige Webseite für den Internet Explorer 10 zu viel des Guten.

Sechs Jahre nach dem Release ist die Situation nicht gerade besser – im Gegenteil. In Wahrheit ist die Nutzung des Internet Explorers im Jahr 2019 eine Qual. Kaum neuere Webseiten können wirklich mit angenehmer Geschwindigkeit benutzt werden. Viele Webseiten laden manchmal einfach nicht oder laden nur bis zu einer gewissen Stelle, wo dann ein Fehler auftritt und sie neu geladen wird. Effektiv sind viele Seiten somit einfach nicht nutzbar. Und selbst, wenn es gelingen sollte, die eine oder andere Seite aufzurufen, ist sie nicht wirklich stabil. Im Web ist ein Microsoft Surface RT fühlbar langsamer als ein Intel Atom-Chip.

Für Windows 8.1 gilt allerdings genau das Gegenteil. Microsofts Desktop-Betriebssystem ist einfach perfekt für Touch optimiert. Der Startbildschirm läuft super geschmeidig, die eingebauten Apps starten und laufen auch relativ schnell. Generell läuft jede Windows 8 Metro-App ziemlich schnell, dafür, dass die Hardware besonders nach heutigen Standards echt mies ist. Abgesehen vom Web-Browser ist das Windows RT auch heute noch fabelhaft. Aber Windows RT kann einfach sonst nicht viel. Die App-Auswahl ist schrecklich klein und die meisten Apps im Windows Store sind einfach furchtbar schlecht. Das Startmenü von Windows 8 war aus einer Usability-Perspektive perfekt durchdacht, aber mit einer Katastrophe wie dem Internet Explorer, der mangels eines vorhandenen Ökosystems in Wahrheit die wichtigste App ist, kann ich insgesamt über Software & Performance einfach nicht positiv resümieren.

Ich wünschte, der Tablet-Modus in Windows 10 wäre so schnell, so reaktiv und so schön zu bedienen wie Windows 8. Ehrlich. Einfach raufwischen für die App-Liste anstatt dieser Design-Katastrophe von Hamburger-Menü. Aber mit Microsoft Edge haben wir ja unter Windows 10 wenigstens einen guten Browser…..

Akkulaufzeit

Nachdem mein Surface RT über die letzten sechs Jahre nicht allzu sehr gequält wurde, ist die Laufzeit nicht drastisch schlechter geworden. Von der versprochenen Akkulaufzeit von einem ganzen Tag, was Microsoft als rund 12 Stunden definiert hatte, ist es aber genauso weit entfernt. In meinem Test kam ich durchschnittlich auf Werte zwischen 6 und 7 Stunden. Dabei war aber oftmals sehr frustrierend, dass ich am Surface RT für manche Aufgaben einfach doppelt so lange brauchte.

Fazit

Über meine kurze Testphase mit dem Microsoft Surface RT habe ich eine Menge über die Strategie mit Windows 10 ARM lernen können. Wir sind uns heute alle einig, dass Windows 10 ARM besonders im Vergleich zu Windows RT der richtige, bessere Ansatz ist für ein ARM-basiertes Windows-System. Windows 10 ARM läuft ziemlich schnell, ziemlich zuverlässig, bietet geniale Laufzeiten und dann auch noch Kompatibilität zu x86-Desktop-Programmen. Die Vorteile überwiegen klar die Nachteile.

Aber Windows 8.1 war allerdings aus heutiger Sicht ein wirklich interessantes Betriebssystem für Tablets mit einer Menge Potenzial und einem sehr feinen User Interface. Gefehlt hat das entsprechende Ökosystem, aber Microsoft kann und muss sich auch eine große eigene Schuld eingestehen. Man hat es verabsäumt, einen zentralen Bestandteil des Betriebssystems richtig hinzubekommen und zwar den Browser. Schon damals war das Surfen im Netz mit dem IE11 nicht toll und heute ist es aus meiner Sicht unzumutbar.

Mit Microsoft Edge unter Windows 10 ARM ist vieles besser. Ich selbst habe Windows 10 ARM extrem lange genutzt und war am Ende von Edge echt begeistert. Er wurde in den letzten Jahren immer besser, aber er ist einfach noch nicht auf dem Niveau von Chrome angelangt. Wohl aus diesem Grund wird Microsoft auch einen Edge-Browser künftig auf die Chromium-Basis umstellen, womit auch dieser zentrale Bestandteil des Systems keine Bremse sein sollte.

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"Entdeckung besteht darin, den gleichen Gegenstand wie alle anderen zu betrachten, sich aber etwas anderes dabei zu denken."
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