ReactOS: Eigenentwicklung oder bloßer „Windows-Klon“? Ein Microsoft-Mitarbeiter vertritt hierzu eine klare Linie.
ReactOS ist ein Betriebssystem, welches seit mehreren Jahren mit dem Ziel entwickelt wird, eine vollständige Kompatibilität zum Windows-Betriebssystem herzustellen. Dank dieser angestrebten Binärkompatibilität sollen sich sowohl Treiber als auch Anwendungen ohne Umwege verwenden lassen. Gleichzeitig ist ReactOS größtenteils unter der GNU GPL lizenziert worden, einige seiner Bestandteile jedoch unter der LGPL oder unter der BSD-Lizenz. Es handelt sich also um ein quelloffenes und vollständig kostenloses System, das auch nicht auf Linux basiert.
Das Projekt wurde im Jahr 1996 als „FreeWin95“ aus der Taufe und geriet zuletzt im Jahr 2006 in juristische Konflikte. Aus diesem Grund wurde die Weiterentwicklung am 26. Januar 2006 kurzzeitig gestoppt, so dass der Quellcode einer Prüfung unterzogen werden konnte. Seitdem ist einige Zeit ins Land gezogen und nun bezeichnet Axel Rietschin, seines Zeichens Kernel Engineer bei Microsoft, ReactOS wiederholt als ein Plagiat des Windows Research Kernels, den Microsoft an Universitäten lizenziert:
I think it’s a ripoff of the Windows Research Kernel that Microsoft licensed to universities under an agreement that was obviously violated by some, as the code has been uploaded to numerous places, some of it on GitHub.
I glanced at the ReactOS code tree, and in my opinion, there is absolutely no way on Earth this was written from a clean sheet only from the available public documentation, […]
// Axel Rietschin
Diese Aussage stammt ursprünglich aus dem Jahr 2017, sie erfährt dank eines Beitrags auf Hacker News nun aber an Aufmerksamkeit. Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem das Beispiel eines verborgenen „Hacks“ in der Research Kernel Software, die sich tatsächlich auch im Quellcode des angeblichen Windows-Klons wiederfinde:
Funnily, I had a conversation with a very seasoned kernel engineer (I report directly to him) about ReactOS and my Quora reply. He told me the team looked into ReactOS some time ago and reached the exact same conclusions: impossible.
In particular, this person distinctly remembers a hack he implemented (I’m not going to reveal any details, but suffice to say it was in response to some assertion by some 3rd parties that something Microsoft declared in a court of law as very difficult). He explained the hack to me in full details and, boy, hacky that was, and they found the same hack in ReactOS’s code, except that the présumer authors of that “clean room” implementation probably have no idea regarding why the hack was there.
Auf Seiten von diverser Microsoft-Mitarbeiter scheint somit unstreitig zu sein, dass ReactOS bloß ein Windows-Klon ist. Dass Microsoft gegen diese mögliche Urheberrechtsverletzung keine Maßnahmen ergreift, erklärt Rietschin damit, dass ReactOS und der Windows Research Kernel Microsoft schlicht egal sind. Sollten die Ausführungen von Rietschin der Wahrheit entsprechen, was wir jedenfalls nicht ausschließen möchten, wäre dies tatsächlich die einzig plausible Erklärung für die Untätigkeit des Redmonder Konzerns…
Wer sich für ReactOS interessiert, findet u.a. hier weitergehende Informationen.
Quelle: Hacker News; via: mspu, the register; Bildnachweis: ReactOS Gallery
1. ReactOS hatte zum Zeitpunkt des Beginns der Entwicklung keinen Zugriff auf den Research-Kernel von Microsoft.
2. Die einzelne Passage, die der Kernel-Entwickler bei Microsoft anführt, geht auf Code zurück, den Intel als Hack veröffentlichte um ein spezifisches Problem mit den eigenen Prozessoren aus der Welt zu schaffen. Nix Microsoft. Intel hat das erfunden und genau erklärt, warum das genau so zu machen ist und nicht anders. Wer genau guckt, findet diesen Hack auch in Linux, Plan9, FreeBSD, NetBSD, OpenBSD, OS/2, AIX, Solaris 86, …
Es überrascht immer wieder, wie wenig die Entwickler über ihre eigenen Informationsquellen und woher sie welchen Code holen um die Hardware korrekt anzusprechen bescheid wissen und wie schnell sie bereit sind, dass als eigene Leistung auszugeben um dann Dritte des Abschreibens zu bezichtigen.
Und das zweite was regelmässig Erstaunen auslöst: die mangelhafte Dokumentation derartiger Hacks. Denn auch AMD veröffentlichte ähnliches um ein Problem mit einigen Prozessoren aus dem Weg zu räumen. Wieviele dieser Hacks sich im Microsoft-Code finden, möchte ich überhaupt nicht wissen. Aber eines ist mit diesem Statement jetzt gewiss: auch die Microsoft-Ingenieure sind gerne bereit Code, den Intel oder AMD zur Lösung eines Problems liefert eins zu eins in ihr Produkt einzubauen — und sie sind im Anschluß dazu gerne auch bereit, das Copy-Paste, dass sie anwandten um diesen Code einzubauen als eigene Leistung, auf die kein anderer kommen konnte zu verkaufen.
Die Untätigkeit der Rechtsabteilung ist damit vermutlich bestens erklärt.
Das Teil wird seit über 20 Jahren entwickelt. Das ist kein Windows Klon, sondern ein Versuch, so etwas zu werden. Wirklich produktiv arbeiten, kann man mit dem OS nämlich noch nicht. Und da seit 20 Jahren die Entwicklung immer einfach nur massiv hinter Microsoft her hinkt, glaube ich kaum, dass wir da jemals eine fertige Version zu sehen bekommen werden.
Und selbst wenn… Wie viele Entwickler beschäftigen sich gleich mit ReactOS? 3 oder 5?
Was passiert bei kritischen Lücken, die weitreichende Konsequenzen im Code erfordern? Warten wir dann auch Monate- oder gar Jahrelang auf einen Patch? Ne ne… Ein eigenes OS mal eben so aus dem Boden stampfen halte ich für ein winziges Team absolut für unmöglich.
Ja das stimmt leider. ReactOS hat einfach nicht die Ressourcen um erfolgreicher/besser zu werden. Ich habe das System vor zwei Monaten mal wieder angeschaut. Leider ist die Kompatibilität immer noch nicht auf den versprochenen Windows XP/NT Stand angekommen. Ich persönlich finde das Projekt im Grunde sehr interessant. Es wäre gut für alte Programme, die unter den aktuellen Betriebssystemen nicht mehr laufen.
Aber bei der langsamen Entwicklung ist es wahrscheinlicher, dass Microsoft Windows XP unter Open Source Lizenz veröffentlicht, bevor ReactOS in einer stabilen 1.0 Version ankommt.