Alte Softwarebestände veräußern und IT-Budgets aufstocken: Gebrauchte Software als Win-Win-Situation für alle Beteiligten? Hier erfahrt ihr, worauf beim Verkauf von gebrauchter Software zu achten ist.
Immer mehr Unternehmen entdecken die lukrative Möglichkeit, ihre IT-Budgets durch den Verkauf brach liegender Software zu erhöhen. Zu überschüssigen Lizenzen kommt es meist nach Personalabbau, einem Systemwechsel auf neuere Versionen und Mietmodelle oder nach der Aufgabe von Geschäftsbereichen. Dadurch, dass Software nicht „abnutzt“ und somit nicht durch die bloße Abnutzung an Wert verliert, profitieren Zweitkäufer von quasi neuwertigen Computerprogrammen zu teilweise extrem günstigen Preisen. Als Verkäufer wiederum profitiert ein Unternehmen doppelt: Es setzt finanzielle Mittel frei und verschlankt zugleich sein Software Asset Management. Besser noch: Das tendenziell durchgehend überforderte Lizenzmanagement wird ebenfalls entlastet.
Dementsprechend hat sich inzwischen eine entsprechend spezialisierte Branche um den Handel von Gebrauchtsoftware herum gebildet. Um die nötigen Schritte zur Veräußerung ungenutzter Lizenzen durchzuführen und den rechtlichen Anforderungen nachzukommen, stehen daher Gebrauchtsoftwarehändler wie z.B. die UsedSoft Deutschland GmbH und die VENDOSOFT GmbH beratend zur Seite. Diese betreuen das veräußernde Unternehmen während des Verkaufsprozesses laut eigenen Angaben hinsichtlich aller rechtlich einzuhaltenden Vorgaben und notwendigen Dokumentationen.
Was macht gebrauchte Software für Unternehmen und Endkunden interessant?
Das Geschäftsmodell des Gebrauchtsoftware-Handels besteht u.a. darin, Firmen durch den Verkauf ihrer alten Software zu liquiden Mitteln zu verhelfen und sie gleichzeitig von „Altlasten“ zu befreien. Für die Zweiterwerber wiederum bietet es je nach Produkt und Version die Möglichkeit der Softwarebeschaffung zu 40 bis 80 Prozent unter Neupreis. Da machen sich Einsparungen schnell bemerkbar. Besonders, wenn man bedenkt, dass die Anschaffungs-, Implementierungs- und Folgekosten neuer IT-Assets oftmals einen erheblichen Anteil am Unternehmenswert darstellen.
Kein Mythos: Gebrauchte Software verkaufen schafft eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Klingt in der Tat zu schön, um wahr zu sein. Dies wird auch der Grund für die – oft exzessive – Skepsis vieler Verkäufer und Käufer sein, die sich auch viele Jahre nach der bahnbrechenden EuGH– und BGH-Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 3. Juli 2012 – Az. C-128/11, UsedSoft; BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 – Az. I ZR 129/08, UsedSoft II) noch hartnäckig hält.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wir raten nicht zum blinden Kauf oder Verkauf gebrauchter Software. Eine grundsätzliche Achtsamkeit schadet keineswegs. Denn der Handel mit gebrauchter Software erfolgt weiterhin nicht im rechtsfreien Raum.
Was also ist beim Verkauf gebrauchter Software zu beachten?
1. Rechtslage (Basics & Rechtsprechung)
Beginnen wir mit dem rechtlichen Teil. Ich werde mich bemühen, ihn nicht ausufern zu lassen. Die häufigen Diskussionen im Kommentarbereich können aber auf diese Weise möglicherweise entschärft werden:
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Erschöpfungsgrundsatz:
Im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit der Weitergabe von Software ist stets der im Urhebergesetz angelegte „Erschöpfungsgrundsatz“ heranzuziehen. Hiermit ist Folgendes gemeint: Wenn mit Zustimmung des Urhebers Werke oder deren Vervielfältigungsstücke in den Verkehr gebracht worden sind, kann der Urheber im Nachhinein nicht mehr bestimmen, welchen weiteren Weg die Werke nehmen. Der rechtmäßige Erwerber kann also ohne Zustimmung des Urhebers entscheiden, ob und an wen er das Werk weiterverkauft oder verschenkt.
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Datenträger oder Download:
Für die juristische Bewertung des Handels mit gebrauchter Software kam es in Deutschland früher – m.E. schon immer fälschlicherweise – darauf an, wie die jeweilige Softwarekopie erworben wurde. Wurde die Software also auf einem Datenträger (DVD, CD etc.) erworben, folgte bereits aus dem Erschöpfungsgrundsatz (§ 69c Nr. 3 S. 2 UrhG), dass der Datenträger weiterverkauft werden darf. Es gab zu der Zeit bereits Stimmen, die den Erschöpfungsgrundsatz auch auf die per Download erworbene Software analog anwenden wollten. Diese Auffassung wurde aber lange Zeit von der herrschenden Meinung abgelehnt. Randnotiz: Im juristischen Kontext ist diejenige Meinung „herrschend“, die überwiegend vertreten wird; nicht mehr und nicht weniger.
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UsedSoft-Entscheidung:
Mit einem Paukenschlag entschied der EuGH in der sogenannten „UsedSoft-Entscheidung“ im Jahr 2012, dass auch mittels elektronischer Übertragung erlangte Software (Download) weiterverkauft werden darf. Die Zustimmung des Lizenzgebers ist demnach nicht erforderlich. In dem damals zu entscheindenden Fall ging es um Oracle als Lizenzgeber.
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Volumenlizenzen:
Dass auch das Aufspalten von Volumenlizenzen und deren teilweise Weiterverkauf zulässig ist, entschied der BGH in seiner sogenannten „UsedSoft-III“-Entscheidung vom 11. Dezember 2014 (Az. I ZR 8/13) und wies die Klage von Adobe gegen UsedSoft ab. Vereinfacht wiedergegeben, wurde somit das heftig umstrittene Aufspalten und der Weiterverkauf von solchen Volumenlizenzen entschieden, die letzten Endes ein „Bündel an Einzelplatzlizenzen“ darstellen. Weniger Rechtssicherheit besteht dagegen noch Bezug auf Client-Server-Lizenzen (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.07.2016 – Az. I-20 U 117/15).
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Rechtliche Anforderungen an den Verkauf gebrauchter Software:
Um die oben beschriebene „Erschöpfung des Verbreitungsrechts des Urheberrechtsinhabers“ annehmen zu können, ist nach der o.g. Rechtsprechung also erforderlich, dass…
- die Software ursprünglich mit Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts auf dem Gebiet der EU oder eines anderen Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) im Wege der Veräußerung in den Verkehr gebracht worden ist,
- der Urheberrechtsinhaber diese Lizenz gegen Zahlung eines Entgelts erteilt hat, das es ihm der Höhe nach ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werks entsprechende Vergütung zu erzielen,
- der Urheberrechtsinhaber dem Ersterwerber ein Recht eingeräumt hat, die Kopie dauerhaft, d.h. ohne zeitliche Begrenzung, zu nutzen,
- Verbesserungen und Aktualisierungen, die das vom Nacherwerber heruntergeladene Computerprogramm gegenüber dem vom Ersterwerber heruntergeladenen Computerprogramm aufweist (Updates), von einem zwischen dem Urheberrechtsinhaber und dem Ersterwerber abgeschlossenen Wartungsvertrag gedeckt sind,
- der Ersterwerber die Kopie, die auf seinem Computer installiert ist, unbrauchbar gemacht hat, etwa durch dauerhaftes Löschen.
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Informationspflichten beim Verkauf gebrauchter Software
Während der BGH sich in seinen UsedSoft II und III Entscheidungen zurückhaltend zu den Informationspflichten von Verkäufern gebrauchter Software äußerte, hat das Oberlandesgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 16. Juni 2016 (Az. 5 W 36/16) einen strengeren Ansatz verfolgt. Demnach müsse ein Verkäufer gebrauchter Software bereits in seinem Verkaufsangebot potentielle Erwerber über folgende Punkte informieren:
- die Lieferkette (Historie) und die Berechtigung hinsichtlich der angebotenen gebrauchten Software,
- die Umstände, die zur urheberrechtlichen Erschöpfung des Verbreitungsrechts der gebrauchten Software geführt haben,
- darüber, dass der Verkäufer und ggf. frühere Inhaber der Softwarelizenz ihre Kopien der Software gelöscht oder sonstwie unbrauchbar gemacht haben,
- die Anzahl der Kopien der gebrauchten Software (etwa: Volumenlizenzen), die der Ersterwerber erhalten hat,
- das Recht des potentiellen Erwerbers zur Nutzung sämtlicher Aktualisierungen und Updates der Software, die seit dem Ersterwerb der Grundversion herausgekommen sind. Zur strengen Rechtsprechung des OLG Hamburg ist allerdings anzumerken, dass über diese Auffassung bislang – soweit ersichtlich – nicht höchstrichterlich bestätigt wurde.
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LG Hamburg: Zustimmungsvorbehalt in AGB unzulässig
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den Weiterverkauf gebrauchter Softwarelizenzen unter den Zustimmungsvorbehalt des Lizenzgebers (hier: SAP) stellt, verstößt nach Auffassung des Landgerichts Hamburg (Urteil vom 25.10.2013 – Az. 315 O 449/12) gegen den urheberrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz.
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Gehen Softwarepflege-/Wartungsverträge auf den Käufer gebrauchter Software über?
Nein. Der Softwarepflegevertrag geht nicht auf den Erwerber gebrauchter Software über, weil der Erschöpfungsgrundsatz nicht für Dienstleistungen des Inhabers der Nutzungsrechte gilt.
2. Unterstützung durch erfahrene Händler
Der Verkauf gebrauchter Lizenzen ist mit einem professionellen und erfahrenen Händler an der Seite ungleich einfacher und die Abwicklung erfolgt im Normalfall zügig und reibungslos. Der Verkäufer muss dabei zunächst die Anzahl und Versionen der Lizenzen angeben – beispielsweise, dass es sich um 50 Microsoft Office 2016 Standard Lizenzen und fünf Windows 10 Professional Betriebssystem-Lizenzen handelt. Der Reseller unterbreitet daraufhin in der Regel ein verbindliches Angebot über den Ankaufspreis.
Kommt es zum Vertrag, unterstützen Reseller ihre Kunden bei allen Fragen zur Deinstallation der gehandelten Volumenlizenzen bis hin zur Unterzeichnung einer sogenannten Vernichtungserklärung durch den Erstbesitzer. Sie sind die Grundlage für die vollständige Rechteübertragung auf den zukünftigen Lizenznutzer. Der Händler prüft und gewährleistet wiederum die Einhaltung der Lieferkette und rechtlichen Vorgaben – und zahlt den vereinbarten Rückkaufpreis, sobald die genannten Dokumente verifiziert und für korrekt befunden wurden. Seriöse Reseller sind in der Regel zugleich Microsoft Partner und beraten entsprechend professionell über die Rechteübertragung der Altlizenzen. Dasselbe gilt für Adobe-Lizenzen, für die ein solcher Anbieter Adobe Certified Reseller sein sollte.
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