Die Lage des Smartwatch-Markts ist verzweifelt. Wenn man eine gute Smartwatch kaufen möchte, dann greift man zu der Apple Watch. Da dieses Produkt fest im Ökosystem von Apple verankert und nur mit iPhones kompatibel ist, bleiben Android-Nutzer außen vor. Diese müssen sich dann mit dem Rest auseinander setzen.
Ein Überblick über den Rest
Bei dem Rest sieht die Lage ähnlich aus wie unter Linux. Jeder kocht seine eigene Suppe. Und jeder einzelne Topf schmeckt nur mittelmäßig. Zum einen wäre da Googles WearOS, die vereinfachte Version von Android. Auf diesem Betriebssystem laufen zahlreiche Apps und die Anzahl an smarten Funktionen ist ebenfalls sehr groß. Dahingehend klingt Googles-System auch sehr ansprechend, bis man die technischen Probleme im Alltag bemerkt. Aufgrund der Tatsache, dass es immer noch Android ist, ruckeln WearOS-Smartwatches nur so vor sich her. Dies macht sich auch in der Akkulaufzeit bemerkbar, denn diese liegt im Schnitt bei 12 Stunden. Kein guter Wert für eine Uhr.
Des Weiteren wäre da noch Samsungs Tizen-Interpretation. Diese zeigt keine großen Makel im technischen Aspekt, denn alles läuft flüssig und hält lange durch. Doch wenn es um Innovation geht, mangelt es dem OS sehr. Auch die Anzahl an Apps ist gering, was sehr schade ist. Wie schön es doch wäre, Sparkasse Mobiles Zahlen auf seiner Uhr nutzen zu können. Oder eine Deezer-App, weil man kein Spotify-Abo hat. Stattdessen sieht die Lage aus, wie damals unter Windows Phone: nicht der Nutzer entscheidet, was er nutzt, sondern das System.
Ferner sind noch einige weitere Betriebssysteme im Umlauf. Häufig handelt es sich um fitnessorientierte Produkte, die entsprechend wenig Wert darauf legen, ein intelligenter Begleiter für den Alltag zu sein. In dieser Kategorie macht Fitbit noch den besten Job, auch wenn es um deren Store wirklich schlecht steht. Eine Fitbit ist extrem gut darin, einen zum Laufen zu animieren oder den Schlaf zu analysieren. Aber die Anforderung sinnvoll auf Benachrichtigungen reagieren zu können, ist dann doch wieder zu hoch gesteckt. Außerdem verläuft die Entwicklung von FitbitOS schleppend.
Schließlich dürfen die ganzen China-Systeme nicht in Vergessenheit geraten. Im historischen Sinne allerdings doch, denn bei denen funktioniert gar nichts. 50 Sportmodi, doch nur drei bieten einen echten Nutzen. Ein Ökosystem ist nicht vorhanden, geschweige denn ein App-Store. Trotz der geringen Anzahl an Funktionen darf man sich mit unsinnigen Menüs herumquälen.
Samsung arbeitet mit Google und Fitbit zusammen
Nachdem man sich mit der Marktlage auseinandergesetzt hat, klingt die Meldung plötzlich grandios. Denn Google hat WearOS 3 angekündigt, welches in Partnerschaft mit Samsung entstanden ist. Die beiden Riesen versuchen den Funktionsumfang und die intuitive Bedienung von WearOS mit der technischen Reife von Tizen zu koppeln.
Erstmals für WearOS bedeutet dies ein kontinuierliches Messen der Herzfrequenz, ohne Herzrasen zu bekommen, aus Sorge der Akku steht gleich bei 0. Man geht sogar noch einen Schritt weiter und verspricht Schlaftracking, ein vorher undenkbares Feature. Die beiden Firmen haben also hart daran gearbeitet, Googles WearOS sparsamer zu gestalten.
Ein weiterer Mitwirkender ist Fitbit, der sich in der Vergangenheit für Windows Phone-Nutzer einsetzte, wie kein anderes Wearables-Unternehmen. Die mittlerweile von Google übernommen wurden, mehr dazu in Alberts-Artikel aus dem Jahre 2019: Google kauft Fitbit: Ein schrecklicher Deal für alle Beteiligten. Es ist davon auszugehen, dass Googles neues Tochteruntenehmen ihr marktbestes Schlaftracking zu WearOS bringt, genauso wie andere beliebte Fitness-Funktionen. Darunter zählen auch die Belohnungen fürs fleißig sein.
Attraktiver für App-Entwickler
Die technischen Fortschritte machen WearOS attraktiv für Hardware-Hersteller. Aus diesem Grund wird auf jeder Fitbit-Uhr in Zukunft Googles-System laufen, genauso wie auf vielen zukünftigen Samsung-Uhren. Von diesem Schritt profitieren alle Seiten. Fitbits Produkte behalten sich zwar den Fitness-Schwerpunkt bei, doch können in Zukunft auch gute Smartwatches sein. Samsungs Uhren dürfen zukünftig mit einer intuitiven Menüführung und zahlreichen Apps punkten. Während Googles-Vision überhaupt nutzbar ohne Steckdose ist.
Besonders App-Entwickler profitieren von dieser neuen Vernetzung. Entwickelt man eine App für WearOS, so erreicht man eine große Anzahl an Kunden. Hinzu kommen die neuen Entwicklungswerkzeuge und APIs, mit denen sich die Realisierung von Ideen stark vereinfachen lässt. Auch hier hat Samsung ordentlich angepackt.
Der Endnutzer profitiert dann von einem umfangreichen Betriebssystem, mit einer Vielzahl von Apps, doch behält sich weiterhin die freie Auswahl der Hardware bei. Der einzige abschreckende Punkt wäre für viele Googles Ruf als Datenkrake, die sich in jedem Bereich mit Erfolg einmischen.
Google weitet seine Dienste aus
Apropos Googles Ruf als Datenkrake. Auf Googles-Interpretation von WearOS werden selbstverständlich zahlreiche Google-Dienste zum Einsatz kommen. Auch in diesem Punkt tut sich einiges bei Version 3 des Smartwatch-Betriebssystems.
So will man in Zukunft Google Pay in 26 weiteren Ländern bereitstellen, damit mehr Leute im Supermarkt direkt mit der Uhr zahlen können. Auch Google Maps dürfte Optimierungen erhalten, was ebenfalls eine praktische Sache ist. Dadurch lässt sich zum Ziel navigieren, ohne andauernd das Handy in die Hand zu nehmen. Darüber hinaus wird der neue Musikstreamingdienst YouTube Music eine eigene App erhalten, mit der sich dann unabhängig vom Smartphone per Bluetooth Musik beim Joggen hören lässt.
Fazit: drei starke Firmen bauen eine große Plattform
Statt drei einzelne Plattformen zu pflegen, die alle nicht wirklich gut sind, arbeitet man zusammen und schafft ein großes, ambitioniertes Produkt. Das ist eine hervorragende Nachricht für den Smartwatch-Markt und eine hervorragende Nachricht für Android-Nutzer. Denn ein echter Konkurrenz zur Apple Watch ist schon längst überfällig.
Da Samsung eigentlich nicht von Google abhängig möchte, bin ich mir sehr sicher, dass man WearOS zukünftige wie Android verwalten wird. Das Grundsystem ist kostenlos für alle zugänglich, doch es gibt ein Google-Paket. Hier stehen noch offene Fragen im Raum. Sind die Google-Dienste erneut Pflicht für den Play Store? Was geschieht eigentlich aus den zahlreichen Tizen und Fitbit OS-Apps? Wird WearOS weiterhin auf Java basieren?
Zumindest hat Google bereits bestätigt, dass Hardware-Hersteller das Betriebssystem nach ihren Wünschen anpassen können. Das klingt stark nach Android.
Ich bin sehr gespsannt, was die Zukunft bringt. Denn mein erster Gedanke über die Fusion war: „wie will man WearOS mit Tizen kombinieren?“ Schreibt gerne einen Kommentar, wie ihr zu der Sache steht. Ich würde mich sehr darüber freuen.
(Bild-)Quelle: Google Blog