News

Hat Steve Ballmer den Text für den Bluescreen selbst geschrieben?

Die ganze Welt durfte dank Crowdstrike vor wenigen Wochen den bekannten blauen Windows-Fehlerbildschirm kennenlernen. Zu den Ursprüngen des Bluescreens und seinen Verfassern gibt es tatsächlich eine Reihe von Mythen, die nun endlich aufgeklärt werden.

Lange Zeit wurde spekuliert, ob der ehemalige Microsoft-CEO Steve Ballmer persönlich den Text für den berüchtigten Bluescreen verfasst hatte. Diese Annahme basierte auf einem Missverständnis, das durch einen Blogpost aus dem Jahr 2014 entstand. Darin hatte Microsoft-Entwickler Raymond Chen erwähnt, dass Ballmer den Text für den Ctrl+Alt+Del-Dialog in Windows 3.1 geschrieben hatte. Daraus entstand daraufhin das Narrativ, dass Steve Ballmer höchstpersönlich auch für den Text des berüchtigten Bluescreen of Death verantwortlich sei. Dies stimmt allerdings nicht.

In einem neuen Blogpost räumt Chen jetzt mit dem Gerücht auf und stellt klar, dass Ballmer nicht der Verfasser des Textes für den BSOD ist. Es gäbe intern bei Microsoft tatsächlich kein Mysterium darüber, wer den Bluescreen verfasst hat. Er liefert darin aber auch einige weitere Informationen zur Entstehung des Bluescreens und zu seinen Autoren.

Windows 3.1 hatte keinen „Blue Screen of Death“

Interessanterweise gab es unter Windows nämlich nicht nur einen, sondern drei verschiedene blau gefärbte Bildschirme, die jeweils unterschiedliche Autoren haben. Keiner davon war jedenfalls ein „Blue Screen of Death“, welcher nach einem kritischen Systemabsturz angezeigt wurde.

Unter Windows 3.1 war der Ctrl+Alt+Del-Bildschirm, den Ballmer verfasst hatte, tatsächlich blau eingefärbt und erinnerte an den später als BSOD bekannten Fehlerbildschirm. Beim Drücken der bekannten Tastenkombination bot Windows 3.1 an, das gerade geöffnete Programm zu beenden, wenn dieses nicht aufs System reagierte, den Computer neu zu starten oder schlichtweg wieder zu Windows zurückzukehren. Chen bezeichnet diesen Bildschirm als „blauen Bildschirm der Unzufriedenheit“, konnte man doch mit einem beliebigen Tastendruck wieder zum System zurückkehren.

Die anderen Bluescreen-Meldungen entstammten vom Virtual Machine Manager von Windows 3.1, das ja bekanntlich mehrere Systeme als virtuelle Maschinen ausführte. Windows im Enhanced Mode führte Standard-Mode Windows in einer der virtuellen Maschinen aus, während MS-DOS Anwendungen in den anderen VMs liefen. Bluescreens wurden daher vom VM-Manager dargestellt und bedeuteten nicht zwingend einen katastrophalen Systemabsturz. Es konnte beispielsweise auch nur bedeuten, dass zwei Anwendungen innerhalb der VMs auf den gleichen seriellen Port zugreifen wollten und somit ein Zugriffskonflikt entstand.

Der dritte blaue Bildschirm unter Windows 3.1 stammte von Single-Floppy-Disk-Systemen mit zwei logischen Laufwerken, A: und B:. Wenn eine zweite Diskette benötigt wurde, zeigte Windows den oben dargestellten blauen Bildschirm an.

Windows 3.1 hatte noch keinen Black Screen of Death

Was aber, wenn nun Windows tatsächlich abstürzte? Wenn ein Gerätetreiber abstürzte und die Windows-Virtualmaschine betroffen war, schaltete sich der gesamte virtuelle Maschinenmanager ab und übergab die Kontrolle an MS-DOS zurück. Dabei wurde ein „schwarzer Bildschirm des Todes“ angezeigt und dies war tatsächlich mit einem Systemabsturz gleichzusetzen.

Woher kommt der BSOD?

Windows 95 zeigte bereits einen blauen Bildschirm an, wenn ein schwerwiegender Kernelfehler vom System festgestellt wurde. Interessanterweise ließ Windows 95 jedoch seine Nutzer diese Meldung einfach ignorieren und mit der Benutzung des Systems fortfahren, sofern es noch in einem verwendbaren Zustand war. Windows 95 würde daraufhin versuchen, das System weiterhin auszuführen, sofern dies möglich war. Der Bildschirm ähnelt zwar jenem, den Ballmer für Windows 3.1 verfasst hatte, was die Verwirrung erklären dürfte. Er hatte allerdings vollständig andere Ursachen und bedeutete nicht zwingend einen totalen Systemabsturz.

Der wahre „Blue Screen of Death“ kam laut Chen erst später: der Kernel-Fehlerbildschirm vom späteren Windows NT. Dieser wurde von John Vert verfasst und war ein Zeichen für einen „unwiederbringlich toten“ Zustand des Systems. Hier konnte man nicht Escape drücken und das System weiternutzen. Es war ein Absturz, der einen Neustart zur Folge hatte.

Medien in der Kritik

Chen kritisierte in seinem amüsanten Blogpost auch eine ganze Reihe von Medien, welche die Geschichte über den von Ballmer verfassten Bluescreen tatsächlich komplett fabriziert hatten. The Register und DailyTech beförderten Microsoft-Entwickler Raymond Chen jeweils zum Unternehmenssprecher oder gar Manager. Er selbst meinte darauf, den Beförderungsbrief bislang nicht erhalten zu haben.

Eine besondere Erwähnung in Chens Blogpost verdiente sich die Seite BGR, die ein ganzes Szenario erfunden und es als real dargestellt hatte: „Welcher langjährige Windows-Nutzer kann den Panikmoment vergessen, als zum ersten Mal der ganze Bildschirm ohne erkennbaren Grund blau wurde und mitgeteilt wurde, dass ‚Diese Windows-Anwendung nicht mehr auf das System reagiert.‘?“

Nun, offenbar jeder.

Denn beim Absturz einer Anwendung mussten Nutzer, wie wir wissen, erstmal manuell CTRL+ALT+DEL drücken, um die Meldung aufzurufen. Man musste auch nicht grundlos eine andere Diskette einwerfen oder einen Gerätekonflikt lösen. BGR titelte zudem:“Steve Ballmer entwickelte das meistgehasste Windows-Feature“. Er entwickelte tatsächlich aber nichts davon, sondern schrieb nur den Text. Chen entschuldigte sich aber für seine Kollegen, die eine Funktion entwickelt hatten, um Nutzern beim Absturz eines Programms schnell einen Ausweg liefern zu können. „Sorry for giving you some control over your computer.“, schrieb der Entwickler.

About author

"Entdeckung besteht darin, den gleichen Gegenstand wie alle anderen zu betrachten, sich aber etwas anderes dabei zu denken."
Related posts
News

Windows 11 24H2 verursacht Bluescreen mit einigen WD SSDs: Ursachen und Lösungen

News

Windows 11 bekommt neue KI-Funktionen: Ein Ausblick

News

Datensouveränität für Unternehmen in Europa

News

Xiaomi integriert Smartphone-Link in seine kommenden Geräte

0 0 votes
Wie findest du diesen Artikel?
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments