Im über zwei Jahre andauernden Patentstreit zwischen Microsoft und Motorola ist die Einigung scheinbar geglückt. Das Urteil, das ein Bundesgericht in Seattle (USA) gefällt hat, ist allerdings sowohl für die Industrie als auch für den Konsumenten relevant. Demzufolge muss Microsoft für die Nutzung des H.264 Videocodecs sowie des WLAN-Standards 802.11 in Zukunft 1,8 Millionen Dollar jährlich an Motorola überweisen. Was zunächst einer Niederlage gleicht, ist tatsächlich alles andere als das.
Der Rechtsstreit zwischen Microsoft und Google-Tochter Motorola nahm seinen Ursprung im Jahr 2010, als Microsoft gegen Motorola aufgrund von überzogenen Lizenzgebühren vorging. Denn Motorola verlangte nicht weniger als 4 Milliarden Dollar pro Jahr für die Nutzung des WLAN-Standards 802.111 in der Xbox Konsole und des Videokompressionsstandards H.264 in den Windows Produkten. Hierbei handelt es sich jedoch um standard-essenzielle Patente, die – gerade, weil es um grundlegende Techniken geht – nicht ohne weiteres austauschbar sind. Laut Microsoft entspricht dieser Betrag mitnichten den fairen, vernünftigen und diskriminierungsfreien (Fair, Reasonable and Non-Discriminatory, FRAND) Lizenzbedingungen, zu deren Einhaltung sich Motorola verpflichtet hat.
So schlug Microsoft dem Gericht eine jährliche Lizenzzahlung in Höhe von 1,2 Millionen Dollar vor, das Gericht entschied sich letztlich, wie bereits erwähnt, für 1,8 Millionen Dollar. Das heißt, Microsoft zahlt einen um 45% höher angesetzten Betrag als ursprünglich gewollt. Dagegen muss Motorola sich mit 0,04% des erwarteten Betrages zufriedengeben. Der aus Microsofts Sicht positive Ausgang des Verfahrens wird anhand folgender Grafik besonders deutlich:
In der Begründung zur Entscheidung legte das Gericht dar, weshalb die von Motorola geforderten 2,25% (und später 1,15% – 1,73%) des Gerätepreises zu hoch angesetzt sind. Richter James L. Robart wies darauf hin, dass es 92 verschiedene Unternehmen gebe, die Patente im Zusammenhang mit dem WLAN-Standard besitzen. Würde Microsoft an jedes dieser Unternehmen den seitens Motorola geforderten Preis zahlen, läge die Summe aus den WLAN-Patentzahlungen im Ergebnis über dem Preis der Xbox.
Diese Entscheidung ist für den Konsumenten von Vorteil, denn sie gewährleistet, dass Patenttechnologien im Zusammenhang mit Standardtechnik für jeden bezahlbar bleibt. – David Howard, Stellvertretender Leiter der Microsoft-Rechtsabteilung
Aus Sicht der Industrie ist diese Entscheidung deshalb interessant, weil erstmals in einem Verfahren in den USA die Höhe von Lizenzgebühren für FRAND-Patente festgelegt wurde. Da die Lizenzgebühren sich aber auch im Preis der jeweiligen Geräte niederschlagen, werden auch Verbraucher über den Ausgang des Verfahrens erfreut sein.