Als eines der größten Unternehmen in der Kommunikationsbranche trifft Skype eine hohe Verantwortung im Hinblick auf die Daten der Nutzer. Microsoft unterstreicht zwar immer wieder, dass keine Überwachung stattfinde, selbiges gelte im Übrigen auch für SkyDrive. Allerdings hindern derartige Statements gegenteilige Gerüchte und Behauptungen nicht an ihrer Entstehung. Diese musste Microsoft so lange nicht ernst nehmen, bis vage Behauptungen zu handfesten Vorwürfen erhärten.
Student entschlüsselt den Code
Jeffrey Knockel, Student an der Universität von New Mexico, ist es gelungen die in TOM-Skype enthaltene Überwachungsfunktion, welche sich auf Text-Nachrichten bezieht, ausfindig zu machen. TOM-Skype ist die (modifizierte) chinesische Skype Version und wurde vonseiten Microsoft in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Telekommunikationsunternehmen TOM Online entwickelt.
Laut Bloomberg ist der Student tief in in Skypes Code eingedrungen und habe darauf folgend in Erfahrung gebracht, dass die Anwendung Chat-Nachrichten gezielt nach gewissen Stichwörtern untersucht. Hierzu zählen beispielsweise „Amnesty International“ und „Tienanmen„, allerdings wird die Liste der Wörter immer up-to-date gehalten, um auf aktuelle Events reagieren zu können. Sofern eines der Stichwörter entdeckt wird, soll die gesamte Unterhaltung aufgezeichnet und schließlich an die TOM Server gesendet werden – inklusive der dazu gehörenden personenbezogenen Daten.
Demzufolge ist Microsoft an einer Anwendung beteiligt, die der chinesischen Regierung dabei behilflich ist, die Bürger zu überwachen. Bis hierhin betrifft diese Gegebenheit die westliche Bevölkerung nicht direkt. Das Problem spitzt sich aber zu, wenn hiesige Nutzer, die das gewöhnliche Skype verwenden, mit TOM-Skype Nutzern kommunizieren. Dass dann auch Personen außerhalb von China von der besagten Überwachung betroffen sind, ist den jüngsten Änderungen am TOM-Skype Code zu verdanken.
Microsoft weist Verantwortung von sich
Auf Anfrage wies Microsoft die Verantwortung von sich und distanzierte sich von TOM-Skype. Als Mehrheitseigner des Joint Ventures sei TOM Online zuständig und könne das Programm den lokalen Gesetzen entsprechend anpassen. Diese Stellungnahme war von einem Gründungsmitglied der Global Network Initiative, einem Bündnis, das die unternehmerische Verantwortung in Bezug auf Online-Meinungsfreiheit fördert, nicht zu erwarten. Diese Haltung lässt Microsoft in vollem Maße janusköpfig erscheinen – eine Situation, die es möglichst zu vermeiden gilt.
Deshalb erlauben wir uns einen Mahnruf an Microsoft: Die Grundsätze der Meinungsfreiheit wirken nicht nur innerhalb der eigenen vier Wände, sondern sollten über Grenzen hinweg Geltung erlangen; selbst wenn diese Sichtweise mit dem Verlust bedeutender Geldbeträge verbunden ist. Andere Unternehmen sind in diesem Thema sicher auch nicht besser, aber wer keine Zeichen setzt, trägt nicht zur Änderung bei…