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Übernahmegerüchte – Wer will Nokia (nicht) kaufen?

In der vergangenen Woche erhielten wir ungewöhnlich viele Emails, die inhaltliche Überschneidungen aufwiesen. Dabei ging es grundsätzlich um Nokia und Gerüchte, die das (noch) finnische Unternehmen umgeben. So berichtete die Financial Times zunächst, der chinesische Handy-Hersteller Huawei sei an der Übernahme von Nokia interessiert. Dabei stützte sich die angesehene Zeitung auf die Aussage von Richard Yu, Huaweis Chef für das Konsumentengeschäft, der folgende Aussage getätigt habe:

Wir ziehen diese Art von Akquisitionen in Erwägung. Möglicherweise bietet die Kombination ein paar Synergien, aber alles hängt von Nokias Bereitwilligkeit ab.

Widersprüchliche Berichte

Obwohl das Unternehmen diese Äußerung kurz darauf mit der Aussage, man habe „keine Pläne“ Nokia zu übernehmen, gegenüber Reuters dementiert haben soll, machte dieser Bericht selbstverständlich die Runde und wurde in den meisten Fällen nicht um die zweite (berichtete) Stellungnahme aktualisiert. Deshalb, und weil die Übernahme Nokias aus Huaweis Sicht einige Vorteile mit sich ziehen könnte, wurde diese Angelegenheit entsprechend aufgebläht, teilweise als Fakt berichtet und in Konsequenz dessen genauso verstanden. Huawei wird nämlich die Intention unterstellt, mit den anderen großen Herstellern wie Samsung und Apple um die Führung im Smartphonemarkt konkurrieren zu wollen – dafür liefert auch das Unternehmen selbst Anhaltspunkte. Bereits jetzt ist Huawei der drittgrößte Smartphonehersteller, wenn die Anzahl ausgelieferter Geräte zur Grundlage genommen wird. In diesem Jahr wolle man 55-60 Millionen Smartphones absetzen, wobei Yu die Zukunft des Unternehmens in der Smartphone-Branche sieht und nicht im Markt für Feature Phones. In Bezug auf das Windows Phone Betriebssystem sei Yu allerdings nicht ganz unkritisch gewesen, so dass gleichzeitig auch einer der Gründe für die (vorläufige) Entscheidung gegen die Übernahme von Nokia zur Sprache gekommen sei:

Es ist schwer zu sagen, ob Windows Phone Erfolg haben wird – das Betriebssystem nennt nur geringe Marktanteile sein Eigen. Trotz der schwachen Position werden bei Windows Phone Lizenzgebühren fällig. Das ist nicht gut. Android steht kostenfrei zur Verfügung. – Richard Yu (Huawei)

Microsoft erneut im Rennen

Einen Tag darauf, das heißt am 19.06.2013, veröffentlichte der Wall Street Journal einen Bericht, demzufolge Microsoft und Nokia noch in diesem Monat in London über die Übernahme von Nokias Handygeschäft verhandelt haben, mündlich fast zu einer Übereinkunft gekommen sind und die Verhandlungen schließlich abgebrochen haben. Als Grund dafür wird angeführt, dass Nokia zu viel Geld verlangt habe und zudem über eine zu schwache Position gegenüber der Konkurrenz verfüge. Der Wallstreet Journal stützte diesen Bericht auf die Aussagen von Personen, welche laut eigenen Angaben mit den Angelegenheiten vertraut sind, und lässt daneben wissen, dass die Gespräche zwischen den beiden Unternehmen voraussichtlich nicht  wiederbelebt werden.

Nokia Siemens Networks

Schließlich berichtete – inzwischen nicht mehr gänzlich überraschend – eine finnische Zeitung am 20. Juni, dass Nokias Leitungs- und Kontrollgremium (eng.: Board) sich zur Vorbereitung von wichtigen Entscheidungen für die Zukunft des Unternehmens zusammengefunden habe. Darüber hinausgehende Aussagen trifft Yle zwar nicht, äußert dafür aber Vermutungen. Nicht nur Yle ist der Ansicht, dass eine der zu treffenden Entscheidungen das Nokia Siemens Networks Joint Venture betreffe, denn Siemens habe weiteren Berichten zufolge die ersten Bestrebungen zum Verkauf der eigenen Anteile am Gemeinschaftsunternehmen bereits unternommen. Nokia wäre somit insofern betroffen, als das Unternehmen unter Umständen die Rolle des Käufers spielen müsste, um das Aufdrängen eines ungewollten Partners abzuwenden.

Joe Belfiore besucht Nokia

Zu allerletzt sorgte Joe Belfiore, Manager der Windows Phone Sparte bei Microsoft, für Aufsehen, als er von seiner Reise nach Finnland und seinem Nokia Besuch berichtete. Weil das Timing passender nicht sein konnte, stiftete er dadurch nicht willentlich, aber unweigerlich, zu teilweise absurden Spekulationen an. So wurde beispielsweise angenommen, er wolle die Übernahme des finnischen Unternehmens vorbereiten oder sich zumindest an Nokias Entscheidungsfindung beteiligen. Diesen Gerüchten erteilte er kurz darauf eine Absage, indem er den unten zu sehenden Tweet teilte. Den Hinweis, dass es sich nicht um eine außerordentliche, sondern vielmehr um eine reguläre Reise handelt, schließt er mit dem eindeutigen Hashtag (#Normalität) ab:

Abgesehen von der im Tweet geäußerten Kritik an den Mutmaßungen zu Belfiores Absichten, möchten wir hervorheben, dass derartige Gerüchte nicht das erste Mal in Erscheinung treten. Schon im Juni des vergangenen Jahres sollen Microsoft und Nokia Übernahmegespräche geführt haben und auch dann seien sie letztlich nicht weiterverfolgt worden.

Die hier aufgezählten Berichte wirkten sich auch auf den Aktienkurs aus, obwohl im Grunde genommen keine direkte Verbindung zwischen ersterem und letzterem besteht. Eine unsererseits vorgenommene Sichtung von deutschen Anlegerforen liefert aber stets den Nachweis einer nicht unerheblichen Wirkung von Nachrichten auf die Kauf- und Verkaufsentscheidung von Investoren. Der Fakt, dass in den vergangenen Tagen unterschiedliche Quellen von diesen Begebenheiten berichten, wirft gleichwohl viele Fragen auf, denen mangels stichhaltiger Informationen nur mit Behauptungen begegnet werden kann. Diese reichen von planvoll gelenkten und in der Öffentlichkeit geführten Übernahmegesprächen bzw. -herausforderungen zwischen Huawei und Microsoft, bis zur bewussten Manipulation von Nokias Aktienkurs vonseiten der besagten Medien. Dabei geht übrigens im Meer der Berichte zum größten Teil unter, dass mehrere voneinander unabhängige Quellen die Mindestlaufzeit von Microsofts und Nokias Partnerschaft in Erfahrung bringen konnten. Demgemäß könne von 5 Jahren ausgegangen werden, was eine Laufzeit bis zum Jahr 2016 ergibt. Ein in dieser Zeit stattfindender Vertragsbruch, beispielsweise in Form des OS-Wechsels, ist allerdings unwahrscheinlich.

Wir sind auf eure Meinungen gespannt!

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