Die vergangenen Wochen haben es lauthals angekündigt und vor einigen Tagen gab Microsofts CEO Steve Ballmer in einem internen Schreiben schlussendlich die Umstrukturierung innerhalb des Redmonder Unternehmens bekannt. Das Ziel dieser Maßnahmen sei es, Microsoft „in einer sich schnell verändernden Welt“ schneller, effizienter und leistungsfähiger zu machen und die Vision des wettbewerbsfähigen Hard- und Software-Unternehmens erfolgreich zu realisieren. Dabei beginnt bereits die Überschrift des Schreibens mit „Ein Microsoft“ (eng.: One Microsoft), der Anfang eines sich durch die Neuausrichtung ziehenden roten Fadens.
Eine Strategie, ein Microsoft
Aus dem 2.700 Wörter umfassenden Schreiben lässt sich schon in den ersten Absätzen entnehmen, dass Microsoft einerseits hungrig, motiviert und erfolgsorientiert ist, sich andererseits aber auch darüber im Klaren ist, dass die gesteckten Ziele in der heutigen Zeit eine außergewöhnliche Leistung erfordern. Die Lösung sieht Ballmer in einem nunmehr ganzheitlichen Ansatz, der drei Dimensionen besitzt:
- Die Fokussierung des gesamten Unternehmens auf eine einzige Strategie
- Die Verbesserung der eigenen Fähigkeiten in allen Disziplinen sowie im Entwicklungs-/Technologie-Bereich
- Die Förderung der Zusammenarbeit und Flexibilität zugunsten gemeinsamer Ziele
Hierfür bewegt sich Microsoft weg von der bisherigen produktbasierten Ordnung und führt eine interne Aufteilung nach Aufgabengebieten ein. Diese sind Engineering (inklusive Lieferkette und Rechenzentren), Marketing, Business Development and Evangelism, Advanced Strategy and Research, Finance, HR, Legal und COO. Somit werden die technischen Abteilungen in Zukunft nicht mehr eigene Unterabteilungen für beispielsweise die Finanzen und das Marketing besitzen, diese arbeiten fortan produktübergreifend. Damit einhergehend wird die Abteilung für das Engineering in vier Gruppen gegliedert: OS (Betriebssystem), Apps, Cloud und Geräte. Offensichtlich vermeidet Ballmer bewusst die Benennung von Windows im Zusammenhang mit der Sparte für Betriebssysteme, denn die Arbeit der vonseiten Terry Myerson geführten“Operating Systems Engineering Group“ wird nicht nur die mobilen Geräte (Windows Phone) und PCs (Windows) umfassen, sondern auch Konsolen und Back-end Systeme. Es werden mithin alle Betriebssysteme für die verschiedenen Geräte innerhalb eines Arbeitsbereichs und – das erhofft man sich zumindest – Hand in Hand entwickelt.
Wir betrachten unser Produktportfolio ganzheitlich und nicht als eine Reihe von Inseln. – Steve Ballmer, CEO bei Microsoft
Aus der neuen Unternehmensstruktur ergeben sich insgesamt zwölf leitende Manager, die im Einzelnen dem ausführlichen Schreiben zu entnehmen sind. Die Arbeitsweise soll jedenfalls kommunikativ, gemeinschaftlich, zügig, bestimmt sowie motiviert ausgestaltet sein. Dabei berichten sogenannte „Champions“ als Leiter von abteilungsübergreifenden Initiativen persönlich an Steve Ballmer.
Aussicht und Gerüchteküche
Freunde der Technik-Geschichte werden nun sicher Parallelen zu den Prozessen, die Apple zwischen den Jahren 1997 und 2011 erfahren hat, erkennen. Dass hier ein ähnlicher Ansatz verfolgt wird, drängt sich in der Tat geradezu auf und wird in der oben zu sehenden Satire bildlich dargestellt. Denn das Unternehmen aus Cupertino ist seit jeher dafür bekannt, hohen Wert auf die Abstimmung von Hard- und Software zu legen, weshalb ein Streben in diese Richtung nicht überrascht. Die angekündigte Struktur beseitigt nämlich zahlreiche potentielle Informationsasymmetrien zwischen ehemals voneinander getrennten Geschäftsbereichen, was letzten Endes auch zur Einsparung von Transaktionskosten führt und sich bestenfalls positiv auf das Arbeitsklima auswirkt. Wie sich die Änderungen auf das Ergebnis auswirken werden, zeigt sich hingegen im Laufe der kommenden Monate und Jahre.
Passend zur Zusammenführung der Betriebssysteme in eine Abteilung berichtet nun Eldar Murtazin von Mobile-Review, dass Microsoft neuerdings eine Gruppe zusammengestellt habe, die einen Entwurf für die nächste Version des Windows Mobile OS erstellen solle. Das Ziel sei, ein Betriebssystem zu entwerfen, das gleichermaßen auf dem Smartphone und Tablet arbeiten könne. Die Arbeitsgruppe müsse die Ergebnisse noch im Herbst dieses Jahres vorlegen und das Ende des Projekts sei auf das Jahr 2015 angesetzt. Während Murtazins Formulierungen teilweise sehr vage/knapp gehalten sind und es deshalb schwierig ist, diesen – nicht zwingend wahren – Informationen eine Form zu geben, lässt sich zumindest der Gedanke der Konvergenz der Betriebssysteme erkennen und dies wird mittlerweile fast unstrittig angenommen. In welcher Gestalt sich die Annäherung ausdrücken wird, dürfen wir gespannt beobachten.