Editorial

Kommentar: Kasperky interessiert die Sicherheit der Nutzer nicht

Windows 10 ist ein sicheres System. Grundsätzlich. Wer sich vorsichtig im Internet bewegt, Phishing-Mails unter Beachtung von Domains und Mail-Headern von seriösen Mails unterscheiden kann und nicht jede Software ausführt, die beim Klicken auf Internetwerbung im Browser zum Download angeboten wird, der ist gegen die meisten Arten von Cyber-Angriffen geschützt, welche es auf die breite Masse der Computer-Nutzer abgesehen haben.

Wieso ist das so? Weil jede vertrauenswürdige Software, angefangen beim Mail-Programm bis hin zum Browser, nach bestem Wissen und gewissen seinen Nutzer schützen will. Chrome warnt vor dem Besuch unseriöser Webseiten, Edge blockiert Downloads und Outlook sortiert Spam und löscht manche Phishing-Mail direkt.

Gegen solche Angriffe sollen auch Virenschutzprogramme schützen. Wer den Drang verspürt, jeden Download-Button im Internet anzuklicken und danach auch die entsprechende Software zu installieren, den kann ein guter Virenschutz davor warnen oder es sogar im Falle von wirklich gefährlicher Software komplett unterbinden. Wer ein externes Medium per USB anschließt, kann dieses vorher auf schädliche Software prüfen lassen und auch Dateien sowie Archive können einzeln überprüft werden. Das alles können die meisten Virenschutzprogramme und häufig sogar mehr. Wer diesen kompletten Schutz für sein System will, muss allerdings bei den meisten Anbietern auch dafür bezahlen und das eine jährliche Summe.

Kann Kaspersky mehr als der Windows Defender?

Die günstigste Lösung von Kaspersky bietet laut dem Anbieter „essentiellen Schutz“ und kostet 29,95 Euro pro Jahr für einen PC.

Als Punkte nennt Kaspersky auf der eigenen Seite die Sicherheit, Leistung und Einfachheit und erklärt diese jeweils in einem relativ wenig sagenden Satz. Ohne näher auf die einzelnen Funktionen einzugehen, kann man den Windows Defender zweifellos auch als „essentiellen Schutz“ bezeichnen.

Die Vorwürfe

Kaspersky beklagt als letzten Punkt, dass der Windows Defender nicht vollständig deaktiviert und entfernt werden kann und das würde gegen das Recht der Kunden verstoßen, zu entscheiden, welche Software sie auf ihren Geräten installiert haben wollen.

Guter Punkt von einem Virenschutzanbieter, der seine nach 30 Tagen wertlose Probe-Software jahrelang auf Geräten unterschiedlichster Hersteller vorinstalliert hat.

Während Microsoft wenigstens einen permanent wirksamen Schutz bietet, hat Kaspersky dort nur eine 30-tägige Testversion mitgeliefert. Zahlte der Nutzer nicht, war der PC komplett ungeschützt. Gegen solche Szenarien hilft der Defender als essentieller Schutz, denn wer nicht zahlen will oder kann, der bleibt dank Microsofts Angebot dennoch vor vielen Bedrohungen sicher.

Was wird noch kritisiert?

Kasperky beklagt in anderen Punkten auch die angeblich irreführende Werbung von Microsoft in Bezug auf den Windows Defender.

Beispielsweise kritisiert man, die im System dargestellten Empfehlungen einen installierten Virenschutz durch den Windows Defender zu ersetzen. Ja, das tut Microsoft, aber nur, wenn der installierte Virenschutz nicht mehr schützt, sprich abgelaufen ist! Microsoft sagt also einem Nutzer, der seine Virenschutz-Lizenz trotz meist unzähliger nerviger Benachrichtigungen nicht verlängert hat:“Hey, sieh mal! Du bist trotzdem sicher, denn unsere Lösung übernimmt ab jetzt. Wenn du das Programm ohnehin nicht brauchst, deinstalliere es und miste dein System aus.“ Denn wieso sollte der Nutzer auch eine Software installiert haben, die dank abgelaufener Lizenz ohnehin absolut nichts tut als nervig zu sein und den PC auszubremsen?

Die anderen Kritikpunkte beziehen sich auf den kürzeren Release-Zyklus und, dass die Antivirus-Hersteller nun keine Möglichkeit bekommen, die Software zwei Monate zu testen. Microsoft hat die RTM-Phase tatsächlich abgeschafft, weil sie nicht mehr zeitgemäß ist. Der Markt verlangt schnellere Upgrades, immer wieder neue Funktionen und Microsoft muss reagieren. Der Markt verändert sich rasant und wer nicht mitkommt, der fliegt raus. Genau deswegen hat Microsoft auch keine Relevanz im Smartphone-Bereich.

Worauf läuft die Forderung hinaus?

Kaspersky hätte also gerne die zwei monatige Stillstands-Phase nach Fertigstellung eines Systemupdates zurück. Zwei Monate absoluter Stillstand statt Innovation. Dank des Windows Insider-Programms haben auch Hersteller von Antivirus-Software die Möglichkeit, ihre Software damit zu testen und schrittweise auf die neue Systemversion zu optimieren. Das Entwicklerteam des Windows Defender dürfte es auch nicht anders machen.

Kaspersky hätte gerne, dass Microsoft den Nutzer im Unklaren darüber lässt, dass der Virenschutz, für den er nicht mehr zahlt, das System nicht mehr schützt und dass diese Funktion danach der Windows Defender übernimmt.

Kaspersky hätte gerne, dass Microsoft eine vollständige Deaktivierung und Entfernung des Windows Defender erlaubt. Der Nutzer habe ja immerhin das Recht zu entscheiden, welche Software installiert sein darf. Und da bin ich anderer Meinung, denn dieses Recht gab es nie. Unter Linux kann ich mir die Desktop-Umgebung aussuchen, unter Windows nicht. Dass man Nutzern manche Freiheiten wegnimmt, macht das System in gewisser Weise benutzerfreundlicher, unter der Annahme, der Nutzer weiß nicht, wie man eine Desktop-Umgebung installiert und da dürften recht viele dazugehören.

Ein System, bei dem man jede Komponente nach Baukastenprinzip zusammenstellen kann über einen Auswahlbildschirm wäre sicherlich interessant, aber bei jeder Systemkomponente in Windows wäre das für den Nutzer mit stundenlanger Arbeit verbunden. Zudem irgendwann die Beschwerde alternativer Auswahlbildschirm-Anbieter bei der EU-Kommission eingehen würde.

Worauf ich hinaus will: Die Sicherheit eines Systems hat ein Bestandteil eines Systems zu sein. Man kann, darf und soll nicht Schnittstellen für Unsicherheiten schaffen, diese Features und Freiheiten nennen, aber dem Nutzer keine Möglichkeit bieten, sich vor deren Ausnutzung zu schützen. Der Nutzer eines Computers sollte immer einen grundlegenden Schutz haben, ob er sich nun die Mühe machen will, einen kostenlosen Virenschutz zu suchen, dafür zu bezahlen oder eben nicht. Seine „essentielle Sicherheit“ muss gewährleistet sein. Und darum geht es doch, oder? Um die Sicherheit des Nutzers?

Kaspersky geht es nicht um die Sicherheit der Nutzer

Falsch! Kaspersky geht es um die Sicherheit des zahlenden Nutzers und das ist deren Geschäftsmodell. Das versucht der Anbieter zu verteidigen und das ist völlig legitim.

Die Art, wie man dieses allerdings verteidigt, ist eine Unehrliche. Anstatt einen Virenschutz anzubieten, der sich durch seine Qualität auszeichnet, sich durch seine Funktionalität weit vom Windows Defender abhebt, legt man einfach Beschwerde ein.

If you can’t beat them, sue them.

Windows 10 ist ein sicheres System. Auch ohne Kaspersky und das ist, was den Hersteller des Virenschutzes am meisten stört.

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"Entdeckung besteht darin, den gleichen Gegenstand wie alle anderen zu betrachten, sich aber etwas anderes dabei zu denken."
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