Das Lumia 930 ist Nokias erstes High-End Smartphone, das mit Windows Phone 8.1 ausgeliefert wird und zugleich das letzte, das vor der Übernahme der Geräte & Dienste-Sparte durch Microsoft, veröffentlicht wurde. Es löst damit das bereits in die Jahre gekommene Lumia 920 ab und soll, wie sein Vorgängermodell, erneut etwas Schwung in das Wachstum von Microsofts mobiler Plattform bringen.
Ausgepackt: Erster Eindruck
Wir konnten das Lumia 930 bereits bei einem Launch-Event in Wien das erste Mal begutachten und unser Eindruck war schon damals äußerst positiv. Das Smartphone brillierte vor allem aufgrund seines großartigen Displays und der hochwertigen Verarbeitung. Dieser Eindruck konnte sich auch nach dem Auspacken unseres Testgeräts bestätigen, allerdings wurde unser vorläufig gutes Fazit diesmal etwas von einigen Anfangsschwierigkeiten gedämpft. Genau am Tag, als das Smartphone im Postfach lag, war der Windows Phone Store ausgefallen, weswegen eine Anmeldung mit dem eigenen Microsoft-Account mehrere Stunden lang nicht möglich war. Dies trübte zumindest die subjektive „Out-of-the-Box“-Erfahrung ein wenig, aber man darf dies als Vorführeffekt abtun, da Microsoft in der Regel selten mit Serverproblemen zu kämpfen hat. Ansonsten machte sich schnell das Gefühl breit, welches beim Auspacken und Einschalten eines jeden Smartphones aufkommt.
Design, Haptik und Verarbeitung
Während es sich beim Lumia 930 doch um den direkten Nachfolger des Lumia 920 als Flaggschiff-Windows Phone von Nokia handelt, erinnert das Design eher an das Lumia 925. Die Rückseite wird von einer Platte bestehend aus Polycarbonat bedeckt und seitlich von einem Rahmen aus Aluminium umfasst. Letzterer sorgt nicht gerade dafür, dass das Lumia 930 angenehm und vor allem sicher in der Hand liegt, was zumindest einigermaßen durch die weiche Rückseite und das angenehme Gewicht von 167 Gramm kompensiert wird.
Sämtliche Knöpfe befinden sich auf der rechten Seite des Geräts, weswegen sich nicht jeder Nutzer sofort auf die eher mittig positionierte Ein-/Aus-Taste gewöhnen wird. Diese wirken sehr hochwertig verarbeitet und bieten beim Drücken ein sehr solides Feedback. Der zweistufige Kamera-Knopf sitzt ebenfalls sehr gut, wackelt nicht und bietet angenehme Druckpunkte. Knapp unterhalb des Displays findet man beim Lumia 930 die kapazitiven Touch-Tasten, die bei Berührung ein leichtes haptisches Feedback geben. Da diese nicht genau zwischen unterem Gehäuserand und dem Display sitzen, kam es während der anfänglichen Benutzung oftmals zum Verfehlen des Back-Buttons. Nach kurzer Eingewöhnungszeit kam dies allerdings nicht mehr vor.
Während das haptische Feedback in Form einer leichten Vibration bei Berührung der Touch-Buttons sehr angenehm abgestimmt ist und dem Smartphone dadurch einen recht hochwertigen Charakter verleiht, ist die Vibration bei Benachrichtigungen und eingehenden Anrufen leider ebenfalls sehr schwach und selbst in der Hosentasche oftmals kaum zu vernehmen.
Microsoft macht in Sachen Industrial Design vieles richtig, wovon sich Nokia möglicherweise etwas abgeschaut hat. Die Ähnlichkeit des Lumia 930 zum Design der Surface-Reihe ist nicht zu verkennen, vor allem seitlich betrachtet könnte das Lumia 930 als „Surface Phone“ durchgehen. Der Rahmen aus Aluminium sowie die darauf liegenden Tasten sehen zweifellos großartig aus. Streiten ließe sich jedoch über die Farbwahl für die Rückseite. Wem schwarz und weiß zu langweilig ist, dem bleiben nur die Farboptionen Orange und Mintgrün. Darunter versteht Nokia allerdings nicht mehr die frischen Farbvarianten seiner früheren Smartphones, sondern grelle, neonfarbene Geräte, die nicht jedermanns Geschmack treffen dürften.
Display
Schon bei unserem ersten Hands-On mit dem Lumia 930 waren wir vom Display begeistert und während unseres Tests hat sich dieser Eindruck bestätigt. Auf dem 5-Zoll FullHD-Display sind auch bei genauerer Betrachtung keine Pixel erkennbar und Farben werden meist realitätsgetreu dargestellt. Wie für AMOLED-Panels üblich ist die Farbdarstellung etwas übersättigt und warm, allerdings lässt sich dies jederzeit in den Einstellungen verändern. Schwarzwerte und Kontraste sind indes phänomenal, weswegen das Betrachten und Aufnehmen von Fotos auf dem Lumia 930 außerordentlich viel Spaß bereitet. Die Helligkeit ist geringfügig niedriger als bei den meisten High-End IPS-Displays, allerdings sind die Inhalte auf dem Bildschirm auch bei starkem Sonnenlicht sehr gut lesbar. Besonders hilfreich sind hierbei Nokias eigenen Software-Features, die dunkle Inhalte des System-UIs heller machen, was diese im Sonnenlicht leichter lesbar macht.
Unangenehm aufgefallen ist uns die Größe des Displays und zwar nicht die physische Bildschirmdiagonale, die mit 5-Zoll mittlerweile bei High-End Smartphones dem Durchschnitt entspricht. Gemeint ist, dass die Größe des Displays überhaupt keinen Mehrwert bietet im Vergleich zu kleineren Smartphones mit Windows Phone, da bei Listen die Schrift einfach hochskaliert ist, anstatt mehrere Objekte gleichzeitig anzuzeigen. Umsteiger von kleinere Smartphones werden dagegen die größere Tastatur zu schätzen wissen. Auch die leichte Krümmung des Displays unterstützt das Schreiben kurzer Texte auf dem Smartphone erheblich.
Software & Performance
Spricht man von der Performance eines Windows Phone-Smartphones, so wird stets betont, dass das Betriebssystem auch auf schwächerer Hardware ohne Probleme läuft. Daher ist Performance auf dem Lumia 930 kein Thema, sämtliche Apps laufen flüssig und starten sehr schnell. Auch das Wechseln zwischen mehreren Anwendungen funktioniert gänzlich ohne Probleme und selten kommt es zu kurzen Wartezeiten. Das Einzige, was das Lumia 930 bremst, sind die Animationen des Betriebssystems und einzelne App-Startscreens.
Aktuelle Games erreichen zunehmenden auch Windows Phone und oftmals sogar gleichzeitig mit Android und iOS. Sämtliche von uns getesteten Titel laufen ohne Probleme, auch anspruchsvollere 3D-Games sind auf dem Lumia 930 ohne Weiteres spielbar. Auch Ladezeiten sind deutlich kürzer als bei High-End Smartphones der ersten Generation.
Spricht man von der System-Software selbst, so hat sich Windows Phone 8 seit seinem Start im Oktober 2012 erheblich verbessert und ist deutlich gewachsen. Windows Phone ist konkurrierenden Plattformen mittlerweile in den meisten Punkten ebenbürtig, wäre da nicht immer noch das Problem mit vielen Apps. Während große Hersteller, wie WhatsApp, Facebook und Twitter offiziell auf Windows Phone vertreten sind, erscheinen kleinere Apps meist für Windows Phone, nachdem der Hype bereits abgeklungen ist.
Akkulaufzeit
Mit großartiger Performance geht meistens ein großes Manko einher, nämlich eine kürzere Akkulaufzeit. Beim Lumia 930 trifft dies nicht unbedingt zu, dafür sorgt einerseits der äußerst effiziente Snapdragon 800-Prozessor von Qualcomm und andererseits das stromsparende AMOLED-Display. Bei durchschnittlicher Nutzung, sprich morgendliches Musikhören, regelmäßige Verwendung der WParea.de-App, Lesen von E-Mails und Chat-Nachrichten, kommt man durchaus über einen Tag mit einer verbleibenden Kapazität von rund 25 Prozent. Empfohlen sei dennoch, das Smartphone abends aufzuladen, da man am nächsten Tag ansonsten nicht weit mit der Restkapazität damit kommt. Benutzt man sein Smartphone etwas seltener, so kommt man mit einer Ladung durchaus auch über einen zweiten Arbeitstag durch.
Wer mit solch trockenen Zahlen etwas anfangen kann, dem sei gesagt, dass das Lumia 930 unter Volllast bei mittlerer Helligkeit genau 2 Stunden, 15 Minuten und 6 Sekunden durchhielt, was rund 20 Minuten kürzer ist, als es das Lumia 630 geschafft hat.
Telefonie & Sprache
Während man vor allem in letzter Zeit die Telefonfunktion seines Smartphones unterschätzt, legt man bei Nokia offenbar dennoch großen Wert darauf. Der Hörer ist sehr klar und deutlich zu vernehmen, allerdings entspricht die Lautstärke nicht jener, die man beispielsweise von vielen High-End Android-Geräten kennt. Deswegen versteht man seinen Gesprächspartner in lauterer Umgebung, beispielsweise in einer befahrenen Unterführung, oftmals sehr schwer bis kaum. Dafür ist die Rauschunterdrückung hervorragend und man ist stets gut verständlich.
Kamera
Nokia legt bekannterweise großen Wert auf eine hochwertige Kamera und großteils hat man dies auch geschafft. Wer in den Urlaub fliegt, muss seine Digital- bzw. Spiegelreflexkamera zukünftig nicht zwingend mitnehmen, sofern man die eigenen Fotos danach nicht verkaufen will. Meist erzielt man mit dem Lumia 930 sehr gute Ergebnisse. Die Bilder sind scharf und weisen erst bei einfallender Dunkelheit ein leichtes Rauschen auf, was bei manueller Einstellung teils korrigiert werden kann. Auch bei schlechten Lichtverhältnissen leistet das Lumia 930 etwa genauso gute Arbeit, wie eine Low-End DSLR mit Standard-Zoomobjektiv.
Enorme Schwächen hat das Lumia 930 in Innenräumen und bei künstlichem Licht, wo oftmals sehr starkes Rauschen zu vernehmen ist. Die große Stärke des Lumia 930 sind Makro-Aufnahmen, wo die Kamera brilliert. Für Fans von Bokeh und auch Tech-Blogger, die oftmals Nahaufnahmen benötigen, gibt es bislang kein besseres Smartphone und so manche Spiegelreflexkamera mit Standardobjektiv kann da nicht bzw. nur schwer mithalten.
Während man der Hauptkamera lediglich die Schwäche im Innenraum vorwerfen darf, bleibt es bei der Frontkamera nicht allein bei diesem Kritikpunkt. Nokia scheint, zumindest von den Ergebnissen betrachtet, dieselbe 1-Megapixel Kamera wie beim Lumia 1020 eingebaut zu haben, mit der wir allerdings nicht sehr zufrieden waren. Die Ergebnisse sind praktisch gesehen immer verrauscht, wenn nicht gerade ideale Lichtverhältnisse auftreten, blass und unscharf.
Testaufnahmen
Sonstiges
Das Fehlen vom Glance-Screen ist für viele ein großes Manko des Lumia 930, allerdings vermissten wir diese Funktion in unserem Test nicht allzu sehr. Zieht man das Smartphone aus der Hosentasche, so entsperrt man es meist ohnehin fast schon reflexartig, da man unvermeidlich am Button ankommt, wenn man das Lumia 930 umgreift. Wer dabei auf Stromsparen bedacht ist, kann, salopp gesagt, einfach einen schwarzen Sperrbildschirm wählen.
Wer die unserer Meinung nach etwas zu zentral positionierte Ein-/Aus-Taste nicht zum Entsperren verwenden möchte, dem bleibt auch die Möglichkeit, das Smartphone mittels doppeltem Tippen auf das Display zu aktivieren.
Fazit
Das Lumia 930 ist insgesamt ein großartiges Smartphone mit einer guten Performance, hervorragenden Kamera, einem wundervollen Display und einem guten Design. Nutzer, die vom Lumia 920 aufrüsten, werden vor allem die bessere Akkulaufzeit, das etwas geringere Gewicht und die merklich verbesserte Performance zu schätzen wissen, die allesamt gute Gründe für einen Wechsel vom Lumia 920 darstellen, solange man auf die Blick-Funktion verzichten kann.
Wer ein Smartphone sucht und auf Nummer sicher gehen will, der ist mit dem Lumia 930 sicherlich gut beraten. Wer allerdings ein Gerät will, das über den üblichen Funktionsumfang eines Smartphones hinausgeht, wird sich im Android-Segment umsehen müssen und so entsteht eine sehr ähnliche Situation wie bei Apples aktuellstem iPhone.
Das Lumia 930 ist sicherlich nicht das beste Smartphone auf dem Markt, allerdings bietet es ein wundervolles Display, eine großartige Kamera und Software, die einfach immer zuverlässig läuft, sprich alles, was man heutzutage von einem guten Smartphone erwartet. All jene, die spontan einen Shop betreten und sich das Smartphone aussuchen, das den wenigsten Ärger macht und seinen Dienst immer gut verrichtet, stehen vor der Frage: „Lumia 930 oder iPhone 6?“
Weiterführender Link: Das Nokia Lumia 930 bei Amazon* kaufen.