Apple hat im Zuge der gestrigen Pressekonferenz eine ganze Reihe an neuen Geräten und neuer Software vorgestellt, die wegweisend sein wird für die Zukunft des Konzerns, nicht allerdings für die restlichen Branche. Cupertino hat die iPhone-Reihe traditionell im Jahreszyklus mit einem reinen Hardwareupgrade, die iPad-Serie mit tatkräftiger Unterstützung von Microsoft jedoch um ein zusätzliches Modell erweitert und eine neue Apple TV-Box präsentiert.
iPad Pro
Apples iPads waren bislang reine Consumer-Geräte, wo Produktivität nicht zu den Kernaufgaben zählte. Mit dem iPad Pro will Apple dies ändern und hat dem Gerät ein größeres Display, leistungsfähigere Hardware und tatsächlich, nach all den Jahren der Ablehnung, einen Stift verpasst.
Das Display des iPad Pro ist 12,9-Zoll groß und löst mit 2732 x 2048 Pixeln auf, was einer Pixeldichte von 264 ppi entspricht. Betrieben wird das große Tablet von dem hauseigenen A9X-Prozessor, einem 64-bit ARM-basierten Chip. Über die Größe des Arbeitsspeichers ist nichts bekannt.
Als optionales Zubehör zum iPad Pro gibt es ein Tastaturcover sowie einen Stift. Das „Smart Keyboard“, wie Apple es nennt, bietet neben einer Chiclettastatur auch einen Kickstand mit einem Neigungswinkel und schützt zugeklappt das Display. Mit der Vorstellung des Stifts, genannt „Apple Pencil“, ist für manchen langjährigen Apple-Kenner eventuell die Hölle zugefroren. Hatte sich Steve Jobs 2007 bei der Präsentation des iPhones doch von einem solchen äußert wenig begeistert gezeigt. Der Apple Pencil ist im Grunde ein ganz normaler Active-Stylus, wie er seit Jahren bei Windows-Geräten zum Einsatz kommt. Er besitzt eine Akkulaufzeit von bis zu 12 Stunden und kann über den integrierten Lightning-Anschluss aufgeladen werden.
Die Kombination aus übergroßem Tablet, Tastaturcover, Stift und einem „Pro“ im Namen beschwört sofort einen Wettkampf mit Microsofts Surface Pro hinauf. Umso überraschender daher, dass die Redmonder bei der Präsentation zu Gast waren und die Interaktion zwischen den eigenen Office-Apps und dem iPad Pro mit dem Apple Pen lobten. Microsoft widmete dem Apple Produkt sogar nach der Keynote im offiziellen Blog einen Beitrag, wo man die Split View-Funktionalität von Apples iOS 9 erklärte – eine Funktion, die exakt in derselben Ausführung unter Windows 8.1 „Snap View“ genannt wird.
Microsofts Surface-Reihe ist im High-End Segment angesiedelt und auch die Preise sind entsprechend hoch angesetzt. Apples iPad Pro startet mit einem Preis von 799 US-Dollar für die 32 Gigabyte-Variante, dem offiziellen Einstiegspreis für das Surface Pro 3. Für das Modell mit 128 Gigabyte internem Speicher werden 949 US-Dollar fällig. Benötigt man noch ein 4G-Modul kostet es 1079 US-Dollar. Hier ist das Zubehör allerdings noch nicht mit eingerechnet. Das Keyboard-Cover schlägt mit 169 Dollar und der Stift mit 99 Dollar zu Buche, womit das Zubehör teurer ist als jenes von Microsoft.
Erwartet wird das iPad Pro mit großer Spannung, denn es wird wohl der Gradmesser dafür sein, wie produktiv ein ARM-basiertes Gerät mit Apps sein im Vergleich zu traditionellen Windows-Tablets mit Intel-Prozessor und Desktop-Programmen sein kann. Microsofts Surface RT, Samsungs Galaxy Tab Pro 12,2 und HPs Pro Slate 12 haben in dieser Hinsicht allesamt versagt und Apple will es nun noch einmal wissen. Mit dem Surface Pro 3 hat sich Apple aber definitiv eine sehr hohe Messlatte gesetzt.
Apple TV
Auch die Hardware seiner Set-Top Box hat Apple aktualisiert und will damit die Zukunft des Fernsehens einleiten. Dafür hat die Box ein eigenes neues Betriebssystem namens tvOS erhalten, das eine neue Benutzerumgebung und Fernbedienung mit sich bringt. Darauf finden sich sechs Buttons und darüber ein Touchpad. Zusätzlich verfügt diese über „Siri Remote“ sowie einen Beschleunigungsmesser und ein Gyroskop. Dank Infrarot und Bluetooth 4.0 muss die Fernbedienung nicht dauernd auf den Fernseher gerichtet sein. Einer der Buttons auf der Fernbedienung aktiviert Apples Sprachassistenten Siri, der beim Öffnen von Anwendungen und Finden von Inhalten behilflich ist.
Beim neuen Apple TV dreht sich alles um die Apps und da gehören Spiele natürlich ebenfalls dazu. Im Vorfeld der Keynote wurde spekuliert, dass ausgerechnet Microsoft seinem Konkurrenten aus Cupertino das Killer-Feature für den Apple TV spendieren werde: Minecraft. Es blieb allerdings beim Gerücht, stattdessen gezeigt wurden Guitar Hero, Rayman Adventures und Manticore Rising. Ob Microsoft sein Top-Game in den App Store schicken wird, ist daher noch fraglich.
Apple ist nun auch im Konsolenkrieg mit einem Flaggschiff, praktisch gesehen aber mit einem Klon von Amazons FireTV-Box mit einer Wiimote-artigen Fernbedienung, vertreten. Die Set-Top-Box ist wie üblich am oberen Ende der Preisspanne angesiedelt und kostet 149 US-Dollar für das Einstiegsmodell mit 32 Gigabyte Speicher.
iPhone 6S und 6S Plus
Wie erwartet hat Apple seinem iPhone mit der S-Erweiterung ein umfangreiches Hardwareupgrade spendiert. Das von der Apple Watch bekannte Feature „Force Touch“ wurde für die neue Generation an iPhones in 3D Touch umbenannt. Ein Name, der Microsoft-Kennern ebenfalls schon bekannt sein dürfte. Dabei handelt es sich um eine Funktion, mit der Nutzer durch festeres Drücken des Displays mit Inhalten interagieren können. Unter Android gibt es eine solche Schnittstelle schon seit 2009 und auch die aktuelle Hardware würde es unterstützen, jedoch wurde sie aus Gründen der Einfachheit nie implementiert.
Die Kameras wurden ebenfalls verbessert und das iPhone 6S bringt eine 12-Megapixel Kamera mit sich, welche nun auch in der Lage ist, 4K-Video aufzunehmen. Die Frontkamera löst jetzt mit 5 Megapixeln auf. Zudem ist „Live Photos“ mit an Bord. Mit dieser Funktion werden bei einem Foto auch die drei Sekunden vor und nach dem Auslösen aufgenommen. Es wird quasi eine Art Video generiert. Unter Windows Phone gibt es eine vergleichbare Funktion dank der Lumia Camera schon etwas länger. Dort nennt es sich „Lebendige Bilder“. Mit dem eigenen A9-Chip gibt es außerdem mehr Leistung im Vergleich zum vorherigen Modell.
Am Design des Geräts hat der Hersteller aus Cupertino kaum etwas verändert. Lediglich die Farboption Rose Gold, sprich hellrosa, ist dazugekommen. Wahrscheinlich gezwungen vom Bendgate-„Skandal“, setzt Apple beim iPhone 6S statt auf eine Aluminiumlegierung der 5000er-Gruppe auf eine Legierung der 7000-Serie, ein teureres und wesentlich stärkeres Material.
Preislich sind die Geräte in den USA wie die Vorjahresmodelle angesiedelt, hierzulande sind sie jedoch etwas teurer. Enttäuschenderweise blieben für viele Apple-Fans bleiben außerdem die Speicherkonfigurationen gleich. Dabei wird die Einstiegsvariane mit 16 GB von vielen als nicht mehr zeitgemäß betrachtet.
Schlusswort
Apple hat wieder einmal eine Reihe spannender Geräte vorgestellt, von Innovation fehlt hier aber endgültig jede Spur. Grob zusammengefasst brachte Apple am gestrigen Abend ein Surface Pro 3 mit ARM-Prozessor, eine Amazon FireTV-Box mit Wiimote und ein neues iPhone mit von Android- und Windows Phone bekannten Funktionen.
Ein Intel-basiertes Tablet mit touchoptimierten Mac OS X wäre ein Eingeständnis dessen, dass man den Markt mit produktiven Touchgeräten unterschätzt hat. So muss das iPad Pro, ausgerüstet mit iOS und dem App Store, es mit zahlreichen erstklassigen Desktop-Programmen aufnehmen, die auf der verbauten Hardware nicht einmal ansatzweise lauffähig sind. Am Ende werden zum iPad Pro nicht Profis – wie es der Name suggeriert – greifen, sondern stattdessen Nutzer, die sich ein noch größeres iPad wünschen.