Ein neunjähriger Junge in Nordrhein-Westfalen hat sich im Oktober das Leben genommen. Direkt an dieser Stelle möchten wir den Eltern, Freunden und Verwandten des Kindes unser herzlichstes Beileid ausdrücken.
Die Polizei rätselt über die Hintergründe und wir können uns nicht vorstellen, wie erschüttert die Eltern sein müssen. Der Privatsender RTL kennt allerdings die Hintergründe und hat auch direkt einen Sündenbock gefunden: Microsoft.
Minecraft hat eine Chat-Funktion!
Der Sender stellt in dem Bericht, der auch im Fernsehen ausgestrahlt wurde, einen kausalen Zusammenhang zwischen Minecraft und dem Suizid des Jungen her. Gefährlich an Minecraft sei laut dem Sender vor allem die Chat-Funktion des Spiels. Die Redakteurin im Bericht, deren Name übrigens Caroline Gall lautet, weist darauf hin, dass man in Minecraft sehr leicht in Kontakt mit anderen Nutzern treten kann. Weiter heißt es wörtlich im RTL-Bericht:
„Das Rollenspiel gilt als pädagogisch wertvoll. Warum bringt sich deswegen jemand um?“
Im Online-Artikel nannte der Sender daraufhin auch den Vornamen des toten Jungen. Laut RTL wollte der Junge mit anderen spielen und sie ließen ihn nicht mitspielen. „Daraufhin erhängte er sich.“, heißt es in dem Bericht.
Keine Beweise für Zusammenhang
Übermedien.de hat bei RTL nachgefragt und wollte wissen, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Mobbing beim Online-Spiel und dem Suizid des Jungen gebe. In der Antwort heißt es, dass man keine Beweise habe und die Tatsachenbehauptung journalistisch nicht einwandfrei ist. Man habe “ diesen tragischen Fall eher als Aufhänger genutzt, um konstruktiv ein Problembewusstsein für Computerspiele zu schaffen.“, heißt es im Statement des Senders.
Minecraft als Pädophilen-Netzwerk
Direkt im Anschluss an den durch RTL erfundenen Zusammenhang zwischen dem Suizid des Jungen und Minecraft, wird das Spiel weiter kritisiert. Der Sender berichtet über eine Entführung und Vergewaltigung, in dem ein Pädophiler über Minecraft Kontakt zu einem Zwolfjährigen aufgenommen hat.
Neuer Tiefpunkt im Journalismus
RTL nutzt also den Selbstmord eines Jungen aus, um Minecraft an den Pranger zu stellen, denn Beweise dafür gibt es keine. Schon in der Vergangenheit war der Sender damit aufgefallen, dass man Gaming verunglimpfen wollte und man bezeichnete Besucher der GamesCom sogar als „stinkende Gamer.“ Dieser Fall, in dem man allerdings den tragischen Selbstmord eines Jungen dafür nutzt, um Videospiele in den Dreck zu ziehen, hat ganz neue Tiefen für den Journalismus in Deutschland erreicht.
Beschweren könnt ihr euch auf der Seite der Programm Beschwerde.
Selbstmordgedanken? Hier gibt es Hilfe
Wir berichten nur ungerne über diesen Fall und hoffen, dass es in Zukunft nicht vorkommen wird. Der Suizid wird mittlerweile aber öffentlich diskutiert und hat durch den Microsoft-Bezug (leider) auch Relevanz für unsere Leserschaft.
Wenn du Selbstmordgedanken hast oder jemanden kennst, der diese hat, solltest du nicht zögern und dir von der Seelsorge helfen lassen. Sie ist erreichbar unter der Telefonnummer 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Anrufe sind kostenlos, anonym und nicht auf der Telefonrechnung ersichtlich.
Es gibt immer einen Ausweg. Bitte lass dir helfen.
via übermedien.de